Debatte um Spahn-Aussagen Was Hartz-IV-Empfänger wirklich bekommen

Düsseldorf · CDU-Politiker Jens Spahn meint, als Hartz-IV-Empfänger ist man in Deutschland nicht arm. Hat er recht? Und wie viel Geld bekommt man überhaupt vom Staat? Hier sind alle Fakten zum Arbeitslosengeld II.

Hartz IV gilt als Grundsicherung für arbeitsfähige Hilfebedürftige und ist der umgangssprachliche Begriff für Arbeitslosengeld II (Alg II). Zuständig sind in den Städten entweder die Jobcenter der Bundesagentur für Arbeit oder die Sozialämter.

Der Regelbedarf wird in jedem Jahr zum 1. Januar angepasst und soll die Kosten für Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat und Bedürfnisse des täglichen Lebens decken.

Der Satz für Alleinstehende beträgt 416 Euro im Monat. Der Betrag für Paare liegt bei 374 Euro pro Partner. Bei Kindern werden bis zum sechsten Geburtstag 240 Euro gezahlt. Der Satz für Kinder im Alter von 7 bis 14 Jahren beträgt 296 Euro, Jugendliche unter 18 Jahren bekommen 316 Euro.

Erwachsene unter 25 Jahren, die im Haushalt der Eltern wohnen und selber nicht arbeiten, bekommen 327 Euro. Dieser Satz gilt auch für erwachsene Behinderte in stationären Einrichtungen.

  1. Wer kann Hartz IV beantragen?

Das Alg II kann von Menschen bezogen werden, die mindestens drei Stunden täglich arbeiten können, mindestens 15 Jahre alt sind und das gesetzliche Rentenalter noch nicht erreicht haben. Außerdem müssen sie in Deutschland leben, ihren Lebensunterhalt (und den ihrer Familie) nicht oder nicht ausreichend selbst sichern können.

Wer zum Beispiel wegen einer Krankheit nicht in der Lage ist, drei Stunden am Tag zu arbeiten, hat keinen Anspruch auf Alg II. Er kann jedoch Sozialgeld beantragen. Gleiches gilt, wenn das gesetzliche Rentenalter bereits erreicht wurde.

  1. Wer bezahlt die Miete bei Hartz IV?

Wenn die Kosten für die Miete "angemessen" sind, werden sie übernommen. Was angemessen ist, richtet sich nach den jeweiligen lokalen Richtwerten. Beispiel: In Großstädten wie Köln oder Düsseldorf, wo die Mieten höher sind, werden auch höhere Kosten als im ländlichen Raum übernommen.

Für Alleinstehende sollte eine angemessene Wohnung nicht größer als 45 bis 50 Quadratmeter sein. Für zwei Personen gelten 60 Quadratmeter als angemessen. Für jede weitere Person sind 15 Quadratmeter zusätzlich einzurechnen.

Wer Unterstützung für die Wohnung bekommt, darf das Geld nur für die Miete verwenden. Sind die Aufwendungen unangemessen hoch, müssen entweder die Kosten für die Unterkunft gesenkt werden, zum Beispiel die Nebenkosten, oder man muss in eine günstigere Wohnung umziehen.

  1. Welche einmaligen Hilfen gibt es?

Auf Antrag können die Behörden Hilfe genehmigen - für die Erstausstattung einer Wohnung (einschließlich der Haushaltsgeräte), für eine Erstausstattung mit Bekleidung oder für die Erstausstattung bei einer Schwangerschaft und Geburt eines Kindes. Auch Bewerbungs- und Fahrtkosten sowie die Kosten bei einem Umzug für einen neuen Job können übernommen werden.

  1. Welche Leistungen gibt es für Bildung der Kinder?

Für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene kann mit dem sogenannten Bildungspaket eine zusätzliche Förderung beantragt werden, um Schulausflüge und Klassenfahrten zu ermöglichen. Im Regelfall erhalten Schüler pro Jahr 100 Euro für den persönlichen Schulbedarf.

Nachhilfe kann gewährt werden, wenn die Schule den Bedarf bestätigt und keine vergleichbaren schulischen Angebote bestehen. Wenn Schulen, Horte oder Kitas ein Mittagessen anbieten, kann ein Zuschuss zum Mittagessen genehmigt werden. Der Eigenanteil der Eltern liegt bei einem Euro pro Tag.

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren bekommen außerdem ein Budget von zehn Euro monatlich für Vereins-, Kultur- oder Freizeitangebote. Schüler, die die nächstgelegene weiterführende Schule nicht zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen können, bekommen in der Regel einen Zuschuss zu ihren Fahrtkosten.

  1. Wie sieht es mit der Krankenversicherung aus?

Wer Alg II bekommt, ist grundsätzlich krankenversichert. Die Beiträge zahlen die Behörden direkt an die Krankenkasse. Auch Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner und Kinder sind mitversichert.

  1. Wer bezahlt die Renovierung oder größere Anschaffungen?

Die Übernahme von Renovierungskosten wird unterschiedlich gehandhabt. Das Jobcenter entscheidet, ob eine Renovierung überhaupt nötig ist. Hier kommt es auch auf die Regelungen im Mietvertrag an.

Wer eine neue Waschmaschine oder einen neuen Kühlschrank braucht, soll möglichst selbst dafür bezahlen. Im Notfall kann das Jobcenter ein Darlehen gewähren, das zurückgezahlt werden muss. Dazu werden in den Folgemonaten monatliche Teilbeträge von zehn Prozent einbehalten.

  1. Wie hoch ist der Vermögensfreibetrag bei Hartz IV?

Geld auf Sparbüchern, Tages- oder Festgeldkonten wird auf das Arbeitslosengeld II angerechnet. Man muss so lange von seinem Vermögen leben, bis es auf den Freibetrag geschrumpft ist. Der Freibetrag beträgt 150 Euro pro Lebensalter des volljährigen Hilfebedürftigen (mindestens 3100 Euro, maximal 9750 Euro). Für einen 30-Jährigen wären es 4500 Euro.​

  1. Wie viele Hartz-IV-Empfänger gibt es in Deutschland?

Im Jahr 2017 bezogen durchschnittlich 4.363.102 Menschen Arbeitslosengeld II. Aber: Laut Bundesagentur für Arbeit gingen 2016 nur 41 Prozent der erwerbsfähigen Empfänger von Arbeitslosengeld II in die Arbeitslosenstatistik ein. Der Rest fehlte in der Statistik aus verschiedenen Gründen, zum Beispiel Teilnehmer von Fördermaßnahmen oder Aufstocker. Aufstocker arbeiten mindestens 15 Stunden in der Woche, bekommen aber zusätzlich Alg II, weil das Einkommen für den Lebensunterhalt nicht reicht. Sie gelten nicht als arbeitslos.

  1. Wann wird Hartz IV überwiesen?

Die Grundsicherungsleistungen werden monatlich im Voraus gezahlt, in der Regel einen Tag vor dem Anspruchsmonat.

  1. Wie hoch wäre mein Arbeitslosengeld II?

Das können Sie sich hier berechnen lassen.

(gaa)
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