Persönlich Heiner Geißler . . . packt der heilige Zorn

Er wurde zum Schlichter berufen, als sich 2007 Lokomotivführer und Bahn nicht einigen konnten und als 2010 "Wutbürger" in Stuttgart auf die Straße gingen, um gegen den Ausbau des Hauptbahnhofs zu protestieren. Eigentlich ist Heiner Geißler (87) in den vergangenen Jahren durchaus ein Mann des Ausgleichs geworden.

Nun hat der ehemalige Gesundheitsminister und CDU-Generalsekretär aber seine alte Kampfeslust aufblitzen lassen. Die Kirche hat sich der Christdemokrat dafür als Ziel ausgesucht. "Mich packt der heilige Zorn, wenn ich an die offizielle evangelische und katholische Theologie denke", sagte der frühere Jesuitenschüler der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt". Die derzeitige Moraltheologie der katholischen Kirche sei "frauenfeindlich". Sie verbiete "Frauen abzutreiben, gleichzeitig aber dürfen sie nichts tun, um eine Schwangerschaft zu verhindern, etwa die Pille nehmen oder Präservative benutzen lassen".

Geißler, Jahrgang 1930, ist verheiratet und hat drei Kinder. Er studierte Philosophie, dann Rechtswissenschaften in München und Tübingen. Privat gilt er als begeisterter Gleitschirmflieger, Bergsteiger und Kletterer. In der Öffentlichkeit war Geißler schon immer ein Mann mit Meinung. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher, die sich wiederholt auch mit der Religion befassten. Seit 2007 ist er Mitglied bei den Globalisierungskritikern von Attac.

Dementsprechend beklagte er nun die mangelnde geistige Führung der Kirchen. Diese müssten "Widerstand leisten gegen die Mächtigen dieser Erde. In der Welt des Kapitalismus, der Investmentbanker, einer gigantischen Finanzindustrie mit ihren gesellschaftlichen Leitbildern Egoismus, Gier, Geiz, Erfolg, Dividende, Konsum, Rang und Titel ist Jesus eine totale Provokation und die Verkörperung von Menschlichkeit und Barmherzigkeit", sagte Geißler. "Stattdessen preisen die Kirchen Gott und blasen die Posaune von den Türmen ihrer leeren Kirchen."

(RP)
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