Asylverfahren "Hotspots" sollen Flüchtlingsandrang in Europa kanalisieren

Berlin · Die Regierungskoalition will mit ihren Beschlüssen zur Unterbringung der Flüchtlinge nicht nur in Deutschland aufs Tempo drücken und Ende des Monats das fertige Gesetzespaket in den Bundestag bringen. Kanzlerin, Vizekanzler, Außen- und Kanzleramtsminister erhöhen parallel auch den Druck auf die EU-Partner und die EU-Kommission, um so schnell wie möglich zu neuen verbindlichen Flüchtlings- und Asylregelungen zu kommen. Erklärtes Ziel ist eine europaeinheitliche Abwicklung der Asylverfahren. Ein Verteilsystem mit festen Quoten erwarten sie bereits morgen von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Weitere Einzelheiten:

Hotspots Darunter verstehen Union und SPD "menschenwürdige Aufnahme- und Registrierungseinrichtungen" in allen Mitgliedsstaaten, an deren Außengrenzen der Flüchtlingsandrang besonders groß ist. Diese "Hotspots" sollen nicht nur informieren, sondern nach dem Willen der Koalition schon selbst klären, wer Chancen auf Flüchtlings- oder Asylschutz in der EU hat und diese Personen dann weiterschicken, chancenlose Bewerber aber zurückschicken. Damit das ordnungsgemäß geprüft wird, soll das Flüchtlingshilfswerk der UN integriert werden. Derzeit sammelt Berlin Verbündete, damit die Stellen noch in diesem Jahr entstehen und ihre Arbeit aufnehmen.

Quotensystem In einer gemeinsamen Initiative haben Deutschland und Frankreich ein verbindliches Quotensystem für die Verteilung der Flüchtlinge auf alle EU-Länder verlangt. Das soll "solidarisch und fair" sowohl die Größe als auch die Wirtschaftskraft der einzelnen Staaten berücksichtigen. Scharf reagierten Koalitionspolitiker auf erste Absagen aus Europa. "Wir brauchen hier eine Kraftanstrengung der Europäischen Union", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) drohte aufnahmeunwilligen Ländern mit dem Entzug von EU-Geldern: "Es kann nicht sein, dass einige Länder das alles tragen und ansonsten Europa weiter sein Geld ausgibt wie bisher."

Anlaufstellen Weil immer wieder Gerüchte und falsche Vorstellungen regionale Flüchtlingsbewegungen auslösen, will die Koalition solchen Entwicklungen mit gezielter Aufklärung durch Anlaufstellen der Europäischen Union entgegenwirken. So will sie prüfen, ob ähnlich wie in Niger in weiteren Ländern Nordafrikas solche Einrichtungen geschaffen werden können.

Entwicklungshilfe Das Entwicklungsministerium soll seine Mittel auf die Bekämpfung von Fluchtursachen in den wichtigsten Herkunftsländern der Flüchtlinge konzentrieren.

Krisenbewältigung Das Auswärtige Amt bekommt jährlich 400 Millionen Euro zur Krisenbewältigung und Krisenvorbeugung. Auch die Versorgung und Betreuung in Flüchtlingslagern soll damit gestärkt werden. Vor Beginn der aktuellen Flüchtlingsdynamik hatte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) im vergangenen Jahr vergeblich davor gewarnt, das Versorgungsniveau in den Lagern des Nahen Ostens zu gefährden.

(may-)
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