Kabinettsumbildung in Rheinland-Pfalz In Mainz werden fünf Minister ausgetauscht

Mainz · Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) will ihre Regierung radikal umbilden und einen neuen Fraktionschef installieren. Damit versucht sie sich von den Skandalen rund um die Nürburgring-Pleite zu befreien.

Malu Dreyer - "beliebter als Freibier"
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Foto: dpa, Fredrik Von Erichsen

Die langjährige Bildungsministerin Doris Ahnen soll das wichtige Finanzressort übernehmen, Sozialminister Alexander Schweitzer (alle SPD) wird Nachfolger von SPD-Fraktionschef Hendrik Hering, der seinen Rücktritt bereits bekanntgegeben hatte. Neuer Justizminister wird der Trierer Jurist Gerhard Robbers. Der Posten der Europaministerin wird in einen Staatssekretärsposten umgewandelt und mit Staatskanzleichefin Jacqueline Kraege (SPD) besetzt.

Die Regierungschefin, die erst Anfang 2013 als Nachfolgerin des langjährigen Landeschefs Kurt Beck ins Amt kam, will offenbar einen Schlusspunkt unter den Dauerskandal um den Nürburgring setzen. Ob der Befreiungsschlag gelingt, ist noch fraglich. Das fatale Nürburgring-Projekt war unter Becks Führung in der Zeit der SPD-Alleinregierung beschlossen worden. Für das Land wurde das Projekt allerdings zum finanziellen Fiasko. Das Geschäft der Landesregierung mit windigen Investoren und unseriösen Geldgebern kostet den Steuerzahler knapp eine halbe Milliarde Euro.

Den jüngsten Schlag im Ringen um die insolvente Rennstrecke versetzte eine Düsseldorfer Firma der rheinland-pfälzischen Landesregierung. Im Frühjahr hatte der mittelständische Autozulieferer Capricorn gemeinsam mit der Motorsportfirma "Getspeed" den Zuschlag für den Ring mit einem Kaufpreis von 77 Millionen Euro erhalten. Die Düsseldorfer gerieten aber offensichtlich in Zahlungsschwierigkeiten und übergaben ihre Anteile an einen Treuhänder. Dann sprang ein russischer Investor ein, der die fälligen Raten überwies.

Mit der beliebten langjährigen Sozial- und Arbeitsministerin Dreyer hoffte die SPD in Rheinland-Pfalz schon Anfang vergangenen Jahres auf den lang ersehnten Befreiungsschlag. Doch die 53-Jährige musste in den vergangenen Wochen erkennen, dass die Altlast Nürburgring ohne weitere personelle Konsequenzen ein Dauerthema bleibt. Die schlechten Nachrichten reißen nicht ab: Die EU hat Beihilfen für den Nürburgring im Nachhinein als rechtswidrig eingestuft, ein Bericht des Rechnungshofs bescheinigte der Landesregierung Missmanagement bei den Rettungsplänen des Großprojekts.

Die Akteure von damals sitzen bis heute in der Landesregierung. Offenbar war man in der SPD davon ausgegangen, dass es reicht, wenn Kurt Beck die Verantwortung für das Desaster übernimmt. Seither jedoch arbeitet sich die Opposition unter der ehrgeizigen stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden Julia Klöckner (41) erfolgreich an dem Thema ab. Die rot-grüne Landesregierung hat zuletzt in Umfragen deutlich an Boden verloren.

Dreyer will jetzt offenbar Tabula rasa machen. Von den früheren Akteuren übersteht nur Innenminister Roger Lewentz das politische Gemetzel. Lewentz ist auch Parteichef im Land. Der versierte Finanzminister Carsten Kühl verliert dagegen seinen Posten, genau wie Fraktionschef Hendrik Hering, der unter Beck Wirtschaftsminister gewesen war.

Im elfköpfigen Kabinett Dreyer steigt der Frauenanteil weiter. Künftig regieren nur noch drei Männer mit, bisher waren es vier. Den drei von Grünen geführten Ministerien stehen ebenfalls Frauen vor.

Oppositionschefin Klöckner will sich mit dem personellen Umbau allerdings nicht zufriedengeben. "Ein wirklicher Neustart für Rheinland-Pfalz ist jetzt nur noch durch Neuwahlen möglich", sagte Klöckner. Dreyer will die Personalien heute bekanntgeben. Die nächste Landtagswahl wäre regulär erst 2016. Dreyers Kalkül ist klar: Sie hofft, bis dahin mit der neuen Mannschaft Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.

In der Berliner SPD-Zentrale schlug die Nachricht aus Rheinland-Pfalz mit einem Paukenschlag ein. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi bemühte sich aber um Beschwichtigung: "Kabinettsumbil-dungen sind wahrlich nicht ungewöhnlich in der Demokratie." Unserer Zeitung sagte Fahimi: "Ministerpräsidentin Malu Dreyer beweist einmal mehr Führungsstärke und zeigt, dass die rot-grüne Koalition in Rheinland-Pfalz stabil und voll handlungsfähig ist."

(rl. qua)
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