Düsseldorf Inklusion aus dem Stand

Düsseldorf · Lehrer beklagen, häufig gebe es nur wenige Wochen Vorlaufzeit für den Unterricht mit Behinderten.

Viele Lehrer fühlen sich auf den gemeinsamen Unterricht mit behinderten Kindern ungenügend vorbereitet. Die Forsa-Umfrage, die Udo Beckmann gestern vorstellte, der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), enthält beunruhigende Zahlen: So sagten 49 Prozent der Pädagogen in Nordrhein-Westfalen, an deren Schulen es inklusive Lerngruppen gibt, die Lehrer hätten zur Vorbereitung höchstens einige Wochen Zeit gehabt. 46 Prozent der Lehrer in Inklusionsklassen berichteten, es habe dazu kein besonderes Vorgespräch mit den Kollegen oder der Schulleitung gegeben.

Für die Erhebung wurden bundesweit 2050 Lehrer befragt, davon 501 in Nordrhein-Westfalen. Die Umfrage schreibt Erhebungen von 2015 und 2016 fort, und das Fazit lautet: Die Stimmung in Sachen Inklusion ist gleichbleibend schlecht. Manche Kennzahlen haben sich sogar noch verschlechtert.

So gaben 2017 nur noch 56 Prozent an, an ihrer Schule gebe es Differenzierungsräume - Zimmer, in denen behinderte Kinder getrennt betreut werden können. Vor einem Jahr hatten das noch zwei Drittel gesagt. 28 Prozent berichteten, die Kollegen, die Inklusionsklassen unterrichteten, hätten zuvor keine Fortbildung bekommen - sieben Punkte mehr als vergangenes Jahr. "Versprechen, aber nicht handeln war anscheinend viel zu lange die Maxime der Bildungspolitik", sagte VBE-Chef Beckmann.

Die Umfrage bestätige die Kritik seiner Partei an der Inklusion "mit der Brechstange", erklärte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus Kaiser und versprach, die neue Landesregierung werde die weitere Schließung von Förderschulen stoppen. Beckmann hält das grundsätzlich für richtig, ebenso wie fast alle befragten Lehrer - sie wollen weiter ein Nebeneinander von Förder- und Regelschulen. Das reiche aber nicht, sagte Beckmann. Nötig sei ein "Siebenjahresplan", der attraktive Möglichkeiten für Lehrer umfasse, sich sonderpädagogisch fortzubilden. Dafür müssten die Lehrer ihr Stundenbudget an der Schule für zwei Jahre um 50 Prozent reduzieren dürfen. Die 7000 Sonderpädagogen, die in Nordrhein-Westfalen fehlten, könnten die Hochschulen frühestens in sieben Jahren bereitstellen.

Immerhin: Der Anteil der Lehrer, der die Inklusion grundsätzlich befürwortet, ist relativ stabil - bundesweit bei 54, in NRW bei 60 Prozent. Bei Lehrern, an deren Schulen inklusiv unterrichtet wird, sind es sogar 65 Prozent. Knapp ist die Mehrheit an Gymnasien (50 zu 42), komfortabler an Haupt-, Real- und Gesamtschulen (59 zu 35) sowie an Grundschulen (73 zu 20). In NRW haben nach eigenen Angaben 50 Prozent der Lehrer bereits Erfahrungen mit inklusivem Unterricht - zehn Prozentpunkte mehr als noch vor zwei Jahren.

(fvo)
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