Innere Sicherheit, Polizei und Justiz

Die innere Sicherheit war Schwerpunkt im Wahlkampf. Der Koalitionsvertrag reagiert darauf mit mehr Personal bei Polizei und Justiz sowie neuen rechtlichen Instrumenten.

Polizei Künftig sollen 2300 Polizeianwärter pro Jahr eingestellt werden. Bislang waren es 2000. Damit werden die aktuellen landeseigenen Ausbildungskapazitäten maximal ausgeschöpft. Der abgewählte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte zuletzt dasselbe Ziel formuliert.

Außerdem soll die Polizei entlastet werden: Zum einen will Schwarz-Gelb an der von der Vorgängerregierung eingeführten Praxis der Verwaltungsassistenten festhalten: Angestellte, die weniger als Polizisten verdienen und die Polizei von interner Bürokratie entlasten sollen. Die von Rot-Grün bereits geschaffenen Stellen von 350 Verwaltungsbeamten werden entfristet. Künftig sollen 500 pro Jahr hinzukommen.

Die Polizei soll offenbar auch von Bagatellaufgaben entlastet werden. In den Koalitionsverhandlungen wurde als Beispiel die sogenannte Verkehrsüberwachung ohne Anhaltevorgang genannt. Das sind Geschwindigkeitskontrollen, bei denen die Fahrer nicht aus dem Verkehr gewunken werden, sondern das Knöllchen per Post zugeschickt bekommen. Einig waren sich CDU und FDP wohl darin, dass solche Kontrollen auch von den Kommunen im Alleingang durchgeführt werden können. Die Koalitionäre wollen mehr Polizei auf die Straße bringen. Die sichtbare Autobahnpolizei soll sogar verdoppelt werden. Die Polizeilaufbahn soll auch Realschülern offenstehen.

Schleierfahndung Sie wird kommen, aber anders heißen: die verdachtsunabhängige Kontrolle durch Polizeistreifen vor allem in Grenznähe. Weil dieser Begriff für die FDP als traditionelle Bürgerrechtspartei ein Reizwort ist, wird er im Koalitionsvertrag wahrscheinlich vermieden. CDU-Generalsekretär Bodo Löttgen sprach öffentlich stattdessen von "strategischer Fahndung". Der Unterschied ist marginal: Voraussetzung für die "strategische Fahndung" soll auch nur ein vager Anlassbezug sein. Etwa ein neues Lagebild zur Einbruchskriminalität. Im Zweifel reiche auch "die Erfahrung des kontrollierenden Polizisten", so Löttgen.

Videoüberwachung Die filmische Beobachtung öffentlicher Plätze wird ausgeweitet. Anders als bisher soll sie nicht mehr nur an Kriminalitätsschwerpunkten eingesetzt werden. Eine flächendeckende Überwachung wird es nicht geben.

Bandenkriminalität Die Verhandlungsführer Armin Laschet (CDU) und Christian Lindner (FDP) einigten sich auf eine "Null-Toleranz-Strategie" gegen Kriminelle. Auch kleinere Rechtsverstöße sollen konsequent geahndet werden, damit sogenannte No-go-Areas mit sich wechselseitig aufschaukelnden Rechtsbrüchen gar nicht erst entstehen.

Justiz Gefängnisse, Gerichte und Staatsanwaltschaften bekommen mehr Personal. Ziel ist, Straftäter schneller mit den Folgen ihres Handelns zu konfrontieren. Die Abschiebehaft-Plätze werden ausgebaut. Gleichzeitig werden die Bürgerrechte gestärkt: Jeder soll künftig individuell Verfassungsbeschwerde einlegen können.

Der NRW-Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert, hält das Maßnahmenpaket insgesamt für gut. Die angekündigte Aufstockung bei der Polizei müsse aber mit Ruhestandsabgängen verrechnet werden und werde sich deshalb nicht vor 2020 auswirken. Deshalb schlägt Plickert vor, die bis 2018 eingeplanten zusätzlichen Polizeiverwaltungsassistenten schon jetzt auf einen Schlag einzustellen. Die Öffnung des Polizeidienstes für Realschüler sei fachlich nicht geboten. "Wir haben mehr qualifizierte Bewerber, als wir ausbilden können", so Plickert.

(RP)
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