Tel Israelis fordern Boykott jüdischer Siedlungen

Tel Aviv · 1400 Bürger appellieren, keine Waren aus dem Westjordanland zu kaufen. Ihr Ziel: das Ende der Besatzung.

Es war nur eine kurze Erklärung, aber sie provozierte eine Staatsaffäre. Stéphane Richard, der Chef des französischen Handyunternehmens Orange, hatte während eines Besuchs in Kairo angekündigt, sein Konzern wolle eine Lizenzvereinbarung mit dem israelischen Unternehmen Partner Communications beenden. In Israel wurde das als Signal verstanden, Richard unterstütze einen Wirtschaftsboykott Israels als Protest gegen dessen Haltung im Nahost-Konflikt.

Sofort meldeten sich Politiker der Regierung und der Opposition. Das erinnere ihn an die "Kooperation zwischen dem Mufti Hadsch Amin al Husseini mit den Nazis", kommentierte Jair Lapid, Chef der linken Zukunftspartei. Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte, Richards Äußerungen seien Teil "einer orchestrierten globalen Kampagne, Israel zu delegitimieren". Diplomaten zufolge untersagte Netanjahu dem israelischen Botschafter in Paris, Richards Ersuchen um ein Treffen zu akzeptieren. Die französische Regierung, die ein Viertel der Anteile an Orange hält, beeilte sich mit einer offiziellen Entschuldigung, während Richard persönlich nach Jerusalem reisen musste.

Parallel zu der Affäre appellierten 1400 Israelis in einer Zeitungsannonce für den "kulturellen und wirtschaftlichen Boykott gegen die Siedlungen in den von Israel 1967 besetzten Gebieten". Der Aufruf erinnert an den Sechstagekrieg und den Beginn der Besatzung vor 48 Jahren. "Lasst die Besatzung nicht 50 werden", steht in großen Lettern über der ganzseitigen Anzeige in der linken Tageszeitung "Haaretz".

Die Schriftstellerin und Übersetzerin Ilana Hammermann gehört zu den Initiatoren des Aufrufs, der sich nach ihren Worten "an die internationale Gemeinschaft richtet". Um in der "New York Times" zu werben, fehle vorläufig das Geld, sagte Hammermann. Zu den Unterzeichnern gehören weitere Künstler, Intellektuelle, Diplomaten und Politiker.

Der Boykott-Aufruf beschränkt sich auf die Siedlungen, unterscheidet sich also von der BDS-Kampagne, die 2005 in Palästina entstand. Das englische Kürzel BDS steht für "Boykott, Investitionsentzug und Sanktionen". Ziel ist das Ende der Besatzung. "Wir reden von einem Boykott aller israelischen Produkte", sagte Bahia Amra von der Palästinensischen Nationalen Initiative. "Für uns besteht kein Unterschied zwischen Siedlern und Israelis."

Über den palästinensischen Boykott regt sich in Israel kaum jemand auf - die wirtschaftlichen Folgen sind wenig relevant. Größere Sorge macht man sich vor einer EU-einheitlichen Kennzeichnung von Produkten aus israelischen Siedlungen, die es Kunden ermöglichen würde, gegen deren Kauf zu entscheiden.

(RP)
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