Finanzminister auf US-Besuch Ist Olaf Scholz der bessere Wolfgang Schäuble?

Als Vizekanzler wirbt Olaf Scholz in Washington für eine Lösung des transatlantischen Handelsstreits, als Finanzminister für die IWF-Beteiligung am Griechenland-Rettungsprogramm.

 Olaf Scholz in Berlin auf dem Weg zum Flugzeug.

Olaf Scholz in Berlin auf dem Weg zum Flugzeug.

Foto: dpa, soe

Olaf Scholz wird in Washington der rote Teppich ausgebreitet: Kurzfristig hat US-Vizepräsident Mike Pence ein Treffen mit dem neuen Bundesfinanzminister zugesagt. Pence ist der ranghöchste Repräsentant der US-Administration nach Präsident Donald Trump. Der Vizekanzler macht die Amerikaner neugierig: Sie wollen von ihm wissen, was die neue Bundesregierung ihnen an Handelserleichterungen anbieten will, wie sie Griechenland endgültig vor der Pleite retten und die Euro-Zone gegen künftige Krisen wappnen will.

Großes Thema Strafzölle

Es ist das erste bilaterale Treffen zwischen Scholz und dem US-Vizepräsidenten. Wichtigstes Thema der beiden sind die von Trump angedrohten US-Strafzölle gegen Stahl und Aluminium aus Europa, die Scholz ebenso verhindern will wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Kanzlerin reist am 27. April zu Trump nach Washington - Scholz ist gewissermaßen ihre Vorhut. Anlass seiner Reise ist die Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und das G20-Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der wichtigsten 20 Nationen. An beidem nimmt Scholz zum ersten Mal teil.

In Washington wird deutlich, wie eng sich Scholz und Merkel in allen zentralen wirtschafts- und finanzpolitischen Themen schon abgesprochen haben. Trump hatte Importzölle von 25 Prozent auf Stahl und Aluminium angedroht, die EU davon bis Ende April aber ausgenommen. In Verhandlungen mit Trump versuchen beide Seiten nun in der verbleibenden Zeit bis zum 1. Mai, die Kuh wieder vom Eis zu bekommen. Hinzu kommt, dass Trump wegen der Eskalation des Syrien-Konflikts vor zwei Wochen empfindliche Sanktionen gegen russische Oligarchen und Konzerne verhängt hatte. Scholz will bei Pence dafür werben, dass deutsche Unternehmen, die in Russland Töchterunternehmen unterhalten, von diesen US-Sanktionen nicht tangiert werden. Darauf dringt zuhause vor allem der mächtige Industrieverband BDI.

Erste Erfolge für Trump

Trump hatte mit seiner Einschüchterungspolitik gegenüber anderen Ländern schon Erfolg: Südkorea gestand ihm Handelserleichterungen zu, auch China will sich bewegen. Wie weit auch die EU Trump entgegenkommen kann, klären die 28 Mitgliedstaaten derzeit noch untereinander. Merkel dürfte kommende Woche nicht mit leeren Händen nach Washington reisen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) soll bereits niedrigere EU-Importzölle für amerikanische Autos ins Spiel gebracht haben, hatte dafür aber Kritik einstecken müssen. Das könne nicht die Lösung sein, sagt auch Scholz.

Für die Exportnation Deutschland ist ein Ende der Verunsicherung im transatlantischen Handel von enormer Bedeutung. Denn sollte der Streit eskalieren, könnten auch andere Sektoren wie die wichtige Automobilindustrie hineingeraten. Der BDI fordert deshalb ein besonnenes Handeln der EU, kein Drehen an der Eskaltionsspirale.

Warme Worte

Das sieht auch Scholz so, der sich in Washington staatstragend gibt: "Die USA sind ein wichtiger Partner unseres Landes und die transatlantische Partnerschaft ist ein Pfeiler unserer Außenpolitik", sagt er. Den von Trump kritisierten hohen deutschen Handelsüberschuss gegenüber den USA erklärt der SPD-Politiker wie schon sein Vorgänger Wolfgang Schäuble von der CDU mit der enormen Wettbewerbsfähigkeit vieler deutscher Mittelständler: Diese "Hidden Champions" seien auf den Weltmärkten erfolgreich unterwegs, der Überschuss habe also nichts mit unfairen EU-Handelsregeln zu tun, wie Trump behauptet.

Auch in anderen zentralen Fragen zeigt der SPD-Minister, dass sich seine Politik von der seines CDU-Vorgängers nur in Nuancen unterscheiden wird. Deutschland werde seine solide Haushaltspolitik fortsetzen, sagt Scholz. Indem Deutschland keine Schulden abbaue, sondern nur bei sehr guter Konjunkturlage keine neuen Schulden aufnehmen wolle, betreibe es genau jene expansive Finanzpolitik, die etwa der Internationale Währungsfonds (IWF) seit Jahren von Berlin fordert. Die Bundesregierung investiere in den nächsten Jahren weiter kräftig in Bildung und Infrastruktur, die Löhne würden wegen hoher Tarifabschlüsse stark steigen.

An einem Strang

Auch bei der anstehenden Reform der Euro-Zonen-Politik ziehen Scholz und Merkel an einem Strang, ebenso in der heiklen Griechenland-Frage. Das Land soll im Sommer endgültig aus dem laufenden EU-Rettungsprogramm entlassen werden. Damit der Übergang gelingt und sich Griechenland vom Herbst an wieder selbst am Kapitalmarkt frisches Geld leihen kann, wollen die EU-Finanzminister bereits am 27. April in Sofia noch einmal Schuldenerleichterungen für Athen beschließen - etwa eine weitere Verlängerung der Kreditlaufzeiten. Diskutiert wird auch, ob Griechenland übrig gebliebenes Geld aus dem 86-Milliarden-Rettungsprogramm nutzen darf, um Staatsanleihen von der Europäischen Zentralbank zurückkaufen zu können. Dadurch könnte es von teuren Zinslasten befreit werden.

Treffen mit der "Washington Group"

Solche Schuldenerleichterungen werden auch deshalb nötig, weil Scholz ein Versprechen seines Vorgängers einlösen will: Der zögerliche IWF soll sich zum Abschluss des Rettungsprogramms doch noch mit 1,6 Milliarden Euro beteiligen. Das will der Fonds aber nur tun, wenn die Europäer zusagen, Athen so stark zu entlasten, dass es künftig seine Auslandsschulden aus eigener Kraft tragen kann. Am Freitag wird Scholz darüber mit IWF-Chefin Christine Lagarde in der sogenannten "Washington Group" verhandeln.

Neue Schuldenerleichterungen für Griechenland etwa durch nochmals verlängerte Kreditlaufzeiten sind aber zuhause in Berlin vor allem in der Unionsfraktion umstritten. Die Bundestagsmehrheit der großen Koalition ist in dieser Wahlperiode aber deutlich kleiner als in der letzten. Viele Abweichler kann sich die Koalition nicht leisten. Scholz wird die Unionskritiker einfangen müssen. Auch deshalb will er sich von der Griechenland-Politik seines Vorgängers kaum unterscheiden.

(mar)
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