Persönlich Jens Stoltenberg . . . ist ab heute Chef der Nato

Dass ausgerechnet er, Jens Stoltenberg, einmal Nato-Generalsekretär werden würde, hätte sich der 55-Jährige in seiner Jugend wohl nicht vorstellen können. Schließlich warf er als Student Scheiben der US-Botschaft in Oslo ein, aus Protest gegen den Vietnamkrieg. Einst plädierte er sogar lauthals für den Austritt Norwegens aus der Nato, um die Ost-West-Blockgrenzen abzuschwächen und den Weltfrieden zu stärken.

Jens Stoltenberg ist ab heute Chef der Nato
Foto: dpa

Doch ab heute übernimmt der Norweger den Posten vom Dänen Anders Fogh Rasmussen. Im von der Krim-Krise geprägten Auswahlverfahren konnte der Außenseiter Favoriten wie seinen polnischen Amtskollegen Radoslaw Sikorski oder den EU-Ratspräsidenten José Manuel Barroso übertrumpfen - weil er einen guten Draht zu Russlands Staatschef Wladimir Putin vorweisen kann.

Stoltenberg hatte den potenziell sehr konfliktreichen Dialog mit Moskau über die von beiden Ländern beanspruchten Erdöl- und Gasfelder in der Arktisregion meisterhaft geführt. Jahrzehntelange Grenzstreitigkeiten in der Barentssee zwischen beiden Ländern konnte er lösen. "Er ist eine äußerst seriöse und verantwortungsbewusste Person", hatte der sonst mit Lob recht sparsame Putin zu Stoltenbergs Nominierung als Nato-Chef im russischen Fernsehen gesagt.

Während Rasmussen, der bürgerliche Ex-Ministerpräsident Dänemarks, eher als Hardliner gilt, ist der Sozialdemokrat Stoltenberg in seiner Heimat vor allem als Diplomat und pragmatischer, wenn auch ein wenig grauer Berufspolitiker bekannt.

Dass der zweifache Vater Stoltenberg in Krisensituationen besonnen und durchsetzungsfähig ist, stellte er bereits beim Terror-Attentat auf Oslo und

Utøya im Sommer 2011 mit 77 Todesopfern unter Beweis. Die meisten der Toten kamen aus der Jugendorganisation seiner Partei, viele kannte er persönlich. Damals wurde die Weltöffentlichkeit erstmals auf ihn aufmerksam.

André Anwar

(RP)
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