London Jetzt kämpfen auch die Briten gegen Genitalverstümmelung

London · Großbritannien will schärfer gegen weibliche Genitalverstümmelung vorgehen. Aus Anlass eines weltweiten Gipfeltreffens in London kündigte Premierminister David Cameron neue Gesetze an. Der "Girl Summit", ausgerichtet von der Unicef und der britischen Regierung, ist der erste Gipfel seiner Art und will innerhalb einer Generation weltweit die Praxis von Genitalverstümmelung und Zwangsverheiratung junger Frauen beenden. "Solche abscheulichen Praktiken, wie tief sie auch verwurzelt sind", sagte Cameron, "verletzen die Rechte von Mädchen und Frauen in der ganzen Welt, einschließlich Großbritannien."

In Großbritannien ist die "Beschneidung" von Frauen seit 1986 verboten. Dennoch wird jedes Jahr an Tausenden Mädchen und jungen Frauen die grausame Prozedur vollzogen. Die Verstümmelungen fallen unterschiedlich radikal aus - vom Abschneiden der Klitoris über das zusätzliche Entfernen der Schamlippen bis hin zum weitgehenden Vernähen des Genitalbereichs.

In Zukunft, so Cameron, machen die Eltern sich strafbar, die eine "Beschneidung" erlauben. Er kündigte auch ein mit 1,4 Millionen Pfund (1,8 Millionen Euro) finanziertes Vorbeugeprogramm an. In Großbritannien leben nach Studien mehr als 137 000 verstümmelte Frauen. Sie haben oft afrikanische Wurzeln: In vielen Ländern des Kontinents, aber auch im Jemen, Irak, in Indonesien und Malaysia wird an dem grausamen Brauch festgehalten.

Gerechtfertigt wird die Praxis oft mit religiösen Gründen, auch wenn sie weder Koran noch Bibel kennt. Tatsächlich handelt es sich um das Vermächtnis einer tief verankerten archaischen Kultur, die das Sexualleben von Frauen kontrollieren will.

Der Grund für das bisherige zögerliche Vorgehen bei der Strafverfolgung ist oft ein missverstandener Multikulturalismus. Ignoranz und der Wunsch, keine kulturellen Empfindlichkeiten zu verletzen, hielten Lehrer oder medizinisches Personal davon ab, Fälle zur Anzeige zu bringen. Kriminalkommissar Jason Ashwood von der Londoner Polizei beklagt, dass es im vergangenen Jahr nur in 64 Fällen zur Meldung von "Beschneidungen" kam: "Aber es handelt sich um Kindesmissbrauch. Wir müssen die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst dazu bringen, ihre Schutzpflicht zu erfüllen."

(RP)
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