Ankara Johnsons pikanter Türkei-Besuch

Ankara · Im Mai schrieb der britische Außenminister ein Schmähgedicht über Erdogan.

Es war ein merkwürdiges Treffen in Ankara. Boris Johnson, erst seit Kurzem britischer Außenminister, redete über Waschmaschinen. "Wir in Großbritannien können uns glücklich schätzen, dass wir einer der größten Empfänger türkischer Waren sind", sagte Johnson bei einer Pressekonferenz mit dem türkischen Europaminister Ömer Çelik. "Ich selbst bin stolzer Besitzer einer schönen, sehr gut funktionierenden türkischen Waschmaschine", fügte Johnson hinzu. Der Brite verwies zudem auf seine eigenen türkischen Wurzeln - sein Urgroßvater war ein türkischer Journalist und Politiker.

Für Johnson war es der erste Türkei-Besuch seit seiner Amtsübernahme. An drei Tagen traf er neben Çelik auch seinen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu und den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Im Gespräch mit Cavusoglu strebte Johnson ein "Jumbo-Freihandelsabkommen" mit der Türkei an. "Wir verlassen die EU, aber wir verlassen nicht Europa", sagte Johnson.

Die ganze Charme-Offensive des Briten hat einen Grund: Johnson muss sich in der Türkei wieder Freunde machen. Im Mai hatte er Erdogan in einem Schmähgedicht noch als "Wichser" beleidigt.

Johnson zeigte sich gestern - am letzten Tag seines Besuchs - selbst überrascht darüber, dass seine früheren Aussagen kein Thema bei dem Besuch gewesen seien. Was Johnson und Erdogan nun im Detail berieten, ist nicht bekannt. Die beiden kamen hinter verschlossenen Türen zusammen. Der türkische Staatschef ist aber nicht dafür bekannt, dass er Beleidigungen mit einem Achselzucken abtut. Bei Cavusoglu konnte Johnson dennoch punkten. Zumindest bezeichnete der Außenminister Johnson als "meinen Freund Boris".

(RP)
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