Persönlich Julia Reda . . . ist Europas stärkste Piratin

Wer Julia Reda gegenübersitzt, spürt den digitalen Graben. Sie ist mit 28 Jahren 13 Jahre jünger als ihr Besucher, hat auf Twitter als @Senficon locker 34 000 Kurznachrichten mehr abgesetzt als @cziedler. Man hat sich also schon dynamischer gefühlt. So muss das aber wohl sein, wenn Europas oberste Piratin einlädt, die gerade dabei ist, die gesamte EU in die digitale Zukunft zu führen. Die Frau aus Offenbach hat sich seit ihrem Einzug in die Volksvertretung vergangenen Mai schnell etabliert - und das als einzige Abgeordnete ihrer Partei.

Aus der einsamen Piratin ist eine einflussreiche Politikerin geworden. Julia Reda lebt online, seit sie elf war. Damals blieben ihre Freunde ganz nah, obwohl sie mit den Eltern, Übersetzern im Auswärtigen Amt und in Italiens Botschaft, von Bonn nach Berlin zog. Das Urheberrecht ist ihr Ding. Den Piraten ist es zu altbacken und analog. Schon im Wahlkampf hat Reda versprochen, sich dafür einzusetzen, dass Onlinedienste grenzenlos funktionieren und es auf Youtube nicht mehr heißt, dass dieses Video in diesem Land nicht zur Verfügung steht.

Es geht aber um noch viel größere Fragen: Welches geistige Eigentum darf im Netz kostenlos vervielfältigt werden? Wofür muss der User bezahlen? Welche Rechte hat er, welche der Autor oder Künstler? Die Antworten darauf werden unsere Zukunft prägen und nun von Julia Reda geprägt. Dieses Bonbon hat sie den Grünen abgerungen - dafür, dass sie sich deren Fraktion anschloss, um nicht als Solokämpferin im Brüsseler Parlamentsbetrieb hoffnungslos unterzugehen. 2009 hat Julia Reda der SPD den Rücken gekehrt, wo sie erst im Ortsverband Berlin-Neukölln aktiv war.

Sie trat aus, weil sich die Partei im Kampf gegen Kinderpornografie für Internetsperren einsetzte. Einer ihrer Vorschläge: Wer einmal ein digitales Produkt erworben hat, darf dann auch alles damit tun.

(RP)
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