Persönlich Julian Nida-Rümelin . . . warnt vor Akademiker-Flut

Er war einmal Physik-, Mathematik- und Philosophie-Student. Heute warnt er vor einem "Akademisierungswahn". Professor Dr. Dr. Julian Nida-Rümelin sieht die berufliche Ausbildung in der Krise. "Man darf den Leuten nicht den Kopf verdrehen mit völlig absurden Botschaften wie ,Wer studiert, verdient im Lauf seines Lebens eine Million Euro mehr'", sagte der 60-Jährige jetzt der Deutschen Presse-Agentur. "Weil dann junge Menschen meinen, sie bräuchten nur ein Studium aufzunehmen und hätten schon eine Art Lottogewinn." Nida-Rümelin, einst Kulturstaatsminister im rot-grünen Bundeskabinett von Gerhard Schröder (SPD), kritisiert, dass die deutsche Bildungspolitik die berufliche Ausbildung vernachlässige. Laut Studien sei hierzulande bis 2030 mit einer Lücke von über vier Millionen nichtakademischen Fachkräften zu rechnen, sagte er. Aufwind bekommen die Thesen des Professors durch neue Statistiken: Demnach waren zum vergangenen Wintersemester 2014/2015 fast 2,7 Millionen Studenten an deutschen Universitäten eingeschrieben, darunter 500.000 Erstsemester. Das ist Rekord. Zum gerade beginnenden Semester rechnen Experten mit ähnlich vielen Studenten, während laut Berufsbildungsbericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge zuletzt stetig sank: 2014 um 1,4 Prozent auf 522.000 Verträge.

Akademiker würden oft denken, "nur akademische Bildung zähle auf dem Arbeitsmarkt", sagte Nida-Rümelin. Dabei hätten Juristen, Biologen und Geografen schon heute Probleme bei der Jobsuche. An Arbeit mangelt es dem Akademiker Nida-Rümelin indes nicht: An der Ludwig-Maximilians-Universität in München lehrt er Philosophie und politische Theorie, er ist Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste, Autor zahlreicher Bücher und gefragter Redner.

Klas Libuda

(RP)
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