Genf Kampf gegen ein nukleares Inferno

Genf · Inmitten der Nordkoreakrise erhält die Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen den Friedensnobelpreis.

Die weltweite nukleare Abrüstung wird in einem unansehnlichen Betonkomplex erkämpft. Das graue Gebäude mit der Adresse Route de Ferney 150 steht am Rande der Schweizer Diplomatenstadt Genf. Hier streitet die Internationale Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen (Ican) für ihr hehres Ziel. Gestern erhielten die Aktivisten den Lohn für ihr jahrelanges Engagement. Sie werden mit dem Friedensnobelpreis 2017 ausgezeichnet. Die Begründung: Die Kampagne setzt sich energisch für den Internationalen Vertrag zum Verbot von Nuklearwaffen ein. Erst im Juli hatten sich 122 Staaten auf den Pakt gegen die Bombe geeinigt.

"Es waren einige verrückte Stunden, seitdem wir den Anruf erhielten", brachte Ican-Direktorin Beatrice Fihn atemlos hervor. "Ich war geschockt. Zuerst wusste ich nicht, wie ich das Ganze bewältigen soll", sagte die 34-Jährige. Die schwedische Aktivistin mit der langen blonden Mähne strahlte bei der eilig einberufenen Pressekonferenz über das ganze Gesicht. Doch sie wurde sehr schnell sehr ernst. "Nukleare Waffen bringen keine Sicherheit und keine Stabilität, im Gegenteil", sagte sie mit Blick auf die Krise um Nordkoreas Atomwaffenprogramm. Das gefährliche Kräftemessen zwischen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un verdeutlicht, wie überlebenswichtig die totale nukleare Abrüstung für die Menschheit sei. Fihn steuert ihren Teil dazu bei: In ihrem winzigen Büro koordiniert sie mit wenigen Getreuen die Arbeit von Ican, einer Bewegung mit 468 Partner-Organisationen in 100 Ländern. Prominente wie der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu oder der frühere UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kämpfen an der Seite der Aktivisten. Die Rüstungsgegner organisieren Kampagnen in sozialen Medien sowie Demonstrationen und Mahnwachen. Denn der Anti-Nuklearpakt leidet unter einem entscheidenden Manko: Alle Staaten mit Atomwaffen verweigern sich. Es sind die USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea. Zusammen horten die Neun rund 15.000 Sprengköpfe.

Am eindringlichsten macht die Militärmacht mit dem stärksten Atomwaffenarsenal, die USA, gegen den Vertrag mobil. "Dieses Abkommen ist einfach schlecht", urteilt der US-Abrüstungsbotschafter bei den UN, Robert Wood. Schurkenstaaten wie Nordkorea scherten sich nämlich nicht um internationale Verträge. Auf Druck der USA lehnen auch alle übrigen Nato-Mitgliedsländer den Atomwaffenverbotsvertrag ab.

Die Rüstungsgegner von Ican lassen sich jedoch nicht beirren. "Als Friedensnobelpreisträger haben wir jetzt ein ganz anderes Gewicht, wenn wir Politiker zum Beitritt zu dem Pakt auffordern", sagt Direktorin Fihn. Die Menschheit werde vielleicht etwas schneller das Ziel einer totalen nuklearen Abrüstung erreichen können.

(RP)
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