Persönlich Karl-Josef Rauber . . . ist im Vatikan umstritten

Karl-Josef Rauber residiert in diesen Tagen im Collegio Teutonico, dem deutschen Priesterseminar im Vatikan. Ein paar Meter weiter links ist Papst Franziskus sein Nachbar, und einen Spaziergang entfernt wohnt der emeritierte Papst Benedikt XVI. Erzbischof Rauber residiert zwischen den Päpsten, und in diesem Spannungsfeld bewegt sich auch seine Nominierung in das höchste Beratergremium des Papstes. Der amtierende schätzt ihn sehr, der Emeritus weniger.

Morgen ernennt Franziskus den 1934 geborenen Nürnberger mit anderen 19 Bischöfen im Petersdom zum Kardinal. Weil er bereits über 80 Jahre alt ist, hätte Rauber kein Wahlrecht beim nächsten Konklave. Raubers Freund, der Mainzer Bischof und Kardinal Karl Lehmann, spricht von einer "späten Anerkennung seiner Verdienste". Über die ist man sich allerdings noch nicht ganz einig im Vatikan.

Rauber war lange als Botschafter tätig, etwa in der Schweiz, in Ungarn und in Belgien. Aber anstatt ein simpler Erfüllungsgehilfe Roms zu sein, gab er den Anliegen der Ortskirchen und Gläubigen viel Gewicht. Mit dieser Haltung löste Rauber im Vatikan früher mehrmals Unverständnis aus. Nachdem er unter Johannes Paul II. 1991 als Sondergesandter in das Schweizer Bistum Chur geschickt worden war, wurde Rauber mehrmals vom damaligen Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano und dem Präfekten der Glaubenskongregation, Joseph Ratzinger, gerügt. Rauber stehe nicht hinter dem romtreuen Bischof, hieß es. Er wurde nach Budapest versetzt. Als Nuntius in Belgien (2003-2009) wiederholte sich ein ähnlicher Zwist. Trotz allem ernennt Franziskus den Deutschen morgen zum Kardinal. Unter den Kardinälen, die Franziskus zusammen mit Rauber kreiert, sind vor allem unbekanntere Kandidaten. Franziskus berücksichtigte nicht die traditionell mit der Kardinalswürde verbundene Bischofssitze wie Turin, Venedig oder eben Mechelen-Brüssel.

Julius Müller-Meiningen

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort