Passau/Berlin Guttenberg plant für die Zeit nach Seehofer

Passau/Berlin · Der nun wieder häufiger auftretende frühere CSU-Star und der einflussreiche Manfred Weber knüpfen an einem neuen Netzwerk.

Karl-Theodor zu Guttenberg plant für die Zeit nach Horst Seehofer
Foto: dpa, shp kno shp

Minutenlang auf das Pult gestützt, eher leise als polternd aufgelegt und als Höhepunkt Bayern als "Vorstufe zum Paradies" charakterisierend, überließ es CSU-Chef Horst Seehofer anderen Granden seiner Partei, beim traditionellen Politischen Aschermittwoch in Passau zu punkten. Das betraf vor allem den Ehrenvorsitzenden Edmund Stoiber, der die minutenlangen "Edi, Edi"-Rufe sichtlich genoss. Das galt aber auch dem einflussreichen Fraktionschef der Konservativen im Europaparlament, Manfred Weber. Der darf sonst als heimischer CSU-Bezirkschef nur ein paar Begrüßungsworte sprechen, war von Seehofer dieses Mal jedoch als regulärer Redner gebucht.

Testet der Ministerpräsident auf der Zielgeraden seiner politischen Karriere also weitere Talente auf ihre Kronprinzenfähigkeit? Die aus Berlin geholte bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hat er wiederholt desavouiert. Mit dem Entzug des Verhandlungsauftrages für die Energiewende minimalisierte Seehofer sie sogar derart nachhaltig, dass die meisten Christsozialen derzeit keinen Pfifferling auf Aigners Nachfolgechancen an der Spitze von Partei und Freistaat geben würden. "Sie kommt wieder", sagen Anhänger. Doch ein Thema für eine Profilierung oder gar einen Befreiungsschlag sehen sie auch nicht.

Wenn Seehofer von heute auf morgen ausfallen würde, gilt in der entscheidenden Landtagsfraktion Innenminister Joachim Herrmann als natürlicher Nachfolger - zumindest bis zu einem ordentlichen Neuanfang, der dann auf Finanzminister Markus Söder hinauslaufen könnte - aber nicht müsste, wenn Herrmann seine Sache gut machen würde. In letzter Zeit häufiger genannt wird auch Staatskanzleichef Marcel Huber, der in der Nachfolge der gestürzten Christine Hader-thauer von Monat zu Monat mehr zu überzeugen versteht.

Wer auch immer in diesen Tagen die Karten für die Seehofer-Nachfolge mischt, vergisst jedenfalls auch Weber nicht. Deshalb ist die CSU elektrisiert von einem neuen Netzwerk, das Weber zusammen mit dem früheren CSU-Star Karl-Theodor zu Guttenberg aufzubauen versucht. Der nach seinem Rücktritt in die USA Emigrierte lässt sich wieder häufiger in Bayern sehen, stand zuletzt auch bei der Münchner Sicherheitskonferenz als Ratgeber und Teilnehmer wichtiger Hintergrundrunden zur Verfügung. Dass Seehofer ihn als "Glühwürmchen" auf offener Bühne lächerlich machte, lässt den Freiherrn eher für die Zeit nach Seehofer planen. Der Dritte im Bunde ist der ehemalige Landesfinanzminister Georg Fahrenschon, der nun den Sparkassenverband im Bund anführt, der aber über weiter gut funktionierende Kontakte kreuz und quer durch die CSU verfügt. Käme auch er zurück?

Die drei haben jedenfalls für nächstes Wochenende zur Klausur nach Schloss Neufahrn eingeladen. Es gehe um den persönlichen Austausch, ums Diskutieren und ums Nachdenken. Wichtiger als die Liste der Teilnehmer aus Bundestag und Landtag sind für die irritierte CSU die Namen der nicht Geladenen. Neben Seehofer sind das auch die anderen Favoriten Söder und Aigner.

Bei solchen Runden wird zu vorgerückter Stunde gerne getestet, was schon geht und was noch warten muss. Seehofer will zwar wacker bis 2018 weitermachen. Aber die Zahl derjenigen, die ihm einen früheren Abgang wünschen, wird immer größer. Jede Erkältung, jede Unpässlichkeit, jede Abgespanntheit des Chefs gerät da unters Brennglas der Interpretationen. Da fällt dann schon auf, dass Weber in seiner ersten Aschermittwochsrede Seehofer als "derzeitigen" Ministerpräsidenten bezeichnete. Stoiber bezeichnete Webers Beitrag als "realistisch-optimistisch".

Stoiber, der selbst viele Jahre brauchte, um seinen unvermittelten Sturz zu verdauen, nachdem er sich - wie Seehofer jetzt - auf ein Festhalten am Amt bis zur nächsten Wahl festgelegt hatte, beschwor den Parteifrieden mit einem bemerkenswerten Bedingungssatz: "Wenn wir zusammenhalten, lieber Horst, ist die CSU unschlagbar", sagte Stoiber. Mit Betonung auf dem Zusammenhalt. Aber das "Wenn" ist seitdem auch in der Welt.

Die "Nachdenk"-Klausur im Schloss spielte beim "größten Stammtisch der Welt" offiziell keine Rolle. Doch Anspielungen konnte sich auch Seehofer nicht verkneifen. Als es um die nächsten CSU-Vorhaben im Bund ging, rühmte er sich seiner Kontakte zur Kanzlerin. Und bemerkte gleich zweimal dazu: "Die schönsten Termine sind jene, die nie bekannt werden." Denn das seien diejenigen, bei denen "das wirklich Wichtige besprochen" werde. Es gibt CSU-Insider, die behaupten, dass es solche Termine längst gibt - auch ohne Seehofer.

(RP)
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