Düsseldorf Kassenbericht belastet NRW-Staatssekretärin

Düsseldorf · NRW-Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) wird morgen in die Türkei fliegen. Anlass ist der 50. Jahrestag des Anwerbe-Abkommens zwischen der Türkei und Deutschland. Auf der Reise nach Ankara und Istanbul wird ihn seine Staatssekretärin Zülfiye Kaykin begleiten. Die 42-jährige türkischstämmige Duisburgerin war bis 2010 Geschäftsführerin der Begegnungsstätte, die der Moschee in Duisburg-Marxloh angegliedert ist. Hier hatte es seinerzeit massive Kritik gegeben, die eine Prüfung nach sich zog – mit einem verheerenden Befund.

Ditib, der Dachverband türkischer Vereine in Deutschland, ist für die Duisburger Moschee und das dortige Begegnungszentrum zuständig, das interkulturelle Veranstaltungen anbietet. Die EU und das Land NRW haben mit 3,2 Millionen Euro zur Realisierung dieses Projekts beigetragen.

2005 wurde Zülfiye Kaykin Geschäftsführerin der Begegnungsstätte. Kaykin, in der Türkei geboren, kam mit neun Jahren nach Duisburg. Sie trat 1994 der SPD bei und widmete sich als sachkundige Bürgerin der Integrationsarbeit. Ihr Wechsel in die Ditib-Begnungsstätte verwunderte daher nicht. Doch während ihrer Amtszeit mehrte sich die Kritik an der Buchhaltung, was zu interner Unruhe führte. Am 19. November 2009 schickte die Ditib eine dreiköpfige Schlichterkommission los, der auch der damalige Ditib-Geschäftsführer Mehmet Yildirim angehörte.

Am 2. Dezember 2009 legten die Männer ihren in Türkisch gehaltenen Bericht vor, der bislang unter Verschluss gehalten wurde, jetzt aber unserer Zeitung in Kopie vorliegt. Demnach startete die Begegnungsstätte 2004 mit rund 100 000 Euro und hatte Ende 2009 mehr als 170 000 Euro Schulden. Angeblich wurden den Beschäftigten höhere Gehälter gezahlt als angegeben. Für den Bistrobereich habe es eine "inoffiziell gehaltene Kasse" gegeben. In sie seien Erlöse aus Saalmieten und Teile der Tageseinnahmen geflossen; außerdem seien aus ihr Gehälter in bar ausbezahlt worden. 2009 sei ein Umsatz von mehr als 40 000 Euro nicht verbucht worden.

In der Begegnungsstätte sei zudem Personal für Seminare bezahlt worden, die gar nicht stattgefunden hätten. Deswegen, so heißt es weiter, müsse damit gerechnet werden, dass die EU Fördergelder zurückfordern werde.

Ob diese Vorwürfe der Grund dafür waren, dass Geschäftsführerin Kaykin wenige Monate später von sich aus kündigte, wie sie betont, ist unklar. Fest steht, dass sie im April 2010 – kurz vor der Landtagswahl – in das Kompetenzteam von SPD-Landeschefin Hannelore Kraft berufen wurde. Erst danach wurde ihr Ausscheiden bekannt. Seit Juli 2010 ist Kaykin, die 2007 für ihre Integrationsarbeit das Bundesverdienstkreuz erhielt, Staatssekretärin im Arbeits- und Integrationsministerium.

Ditib spricht auf Anfrage unserer Zeitung von einem "internen Schlichtungs-Protokoll", das nicht veröffentlicht werde. Es fasse lediglich die erhobenen Vorwürfe und Beschuldigungen zusammen. Allerdings habe man deren Richtigkeit später "nicht feststellen können". Kaykin teilte in einer Stellungnahme ebenfalls mit, in dem Papier vom 2. Dezember 2009 seien ungeprüfte Vorwürfe aufgelistet worden, die "allesamt nicht zutreffen". Am 28. Januar 2010 sei im Beirat der Begegnungsstätte festgestellt worden, "dass es keine Beanstandungen gab". Laut Protokoll heißt es weiter, es seien "lediglich Vorschläge zur Verbesserung der kaufmännischen Buchführung" gemacht worden. Kaykin betont, dass auch die Vorwürfe wegen falscher Verwendung von EU-Fördergeldern falsch seien. Die fraglichen Projekte seien "ordnungsgemäß abgewickelt" worden.

(RP)
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