Berlin McKinsey-Frau soll Bundeswehr umbauen

Berlin · Ursula von der Leyen überrascht mit einer Personalie: Die 42-jährige Unternehmensberaterin Katrin Suder soll Rüstungsstaatssekretärin werden. Suder bekennt sich zu ihrer Homosexualität und soll den Grünen nahestehen.

Der Bundeswehr steht eine kleine Kulturrevolution bevor. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will erstmals eine Frau als Staatssekretärin für den Bereich Rüstung berufen. Nach Medienberichten ist für den Posten Katrin Suder vorgesehen. Die 42-jährige Physikerin arbeitet seit fast 15 Jahren bei der Unternehmensberatung McKinsey und hatte bisher mit Politik, geschweige denn Verteidigungspolitik, wenig zu tun. Suder leitet das Berliner Büro und den öffentlichen Sektor von McKinsey. Sie ist die einzige Büroleiterin der Firma in Deutschland. Manche trauten ihr im vergangenen Jahr sogar den Posten als Deutschland-Chefin zu.

Nach diversen Skandalen rund um Beschaffungsprojekte der Bundeswehr setzt die Ministerin mit der ungewöhnlichen Nominierung der Expertin für schlanke Strukturen und Effizienz ein deutliches Signal. Von der Leyen hatte im Februar den zuständigen Staatssekretär Stéphane Beemelmans gefeuert, der im Zentrum der Affäre um die Drohne "Euro Hawk" stand. So hatte von der Leyen schon kurz nach Amtsbeginn angekündigt, sich von einer Beratungsfirma bei der Neuordnung der Rüstungsprojekte helfen zu lassen.

Von der Leyen kennt Suder aus ihrer Zeit als Arbeitsministerin. Damals fertigte Suder für McKinsey eine Studie zum Fachkräftemangel an, die auch im Arbeitsministerin Resonanz hervorrief. In Ministeriumskreisen ist inzwischen von einer "engen Freundschaft" zwischen von der Leyen und Suder die Rede.

Aktuell ist Suder bei McKinsey unter anderem mit den Schwerpunkten Telekommunikation, Software und IT-Dienstleistungen befasst. Einer ihrer Kunden ist das Telekom-Vorstandsmitglied Claudia Nemat. Suder gilt bei McKinsey als "hochprofessionell und arbeitswütig". Das dürfte sie mit ihrer neuen Chefin gemein haben. Gerade die jüngeren Kollegen von McKinsey schätzten die Physikerin, die auch Theaterwissenschaften studiert hat, heißt es. "Sie hat einen regelrechten Fanclub", sagt ein Kollege. Besonders nah soll Suder den Christdemokraten aber nicht stehen. Im Gegenteil: Ihr wird Nähe zu den Grünen nachgesagt. Über dem Schreibtisch ihres Berliner Büros steht "Man muss nichts im Leben fürchten, nur verstehen", wie die "Bild am Sonntag" berichtete.

Das Einzige, was die Neue in der Bundeswehr fürchten muss, ist, dass man den komplizierten Rüstungsbereich eben nicht versteht, nicht durchdringt. Das Verteidigungsministerium hat über Jahrzehnte seine eigene Kultur und Struktur entwickelt. Stärker als in anderen Ministerien gelten dort Hierarchien, Abzeichen und eine Tradition von Befehl und Gehorsam. Zugleich versteht man sich im Bendlerblock, dem Berliner Sitz des Ministeriums, als eingeschworene Gemeinschaft, der es in Teilen egal ist, wer unter ihr gerade Minister ist.

"Das wollen Sie gar nicht wissen, Herr Minister", war ein beliebter Satz, den Untergebene sagten, wenn es um die Rüstung ging. Dass von der Leyen schon kurz nach ihrer Amtseinführung ihren Staatssekretär Beemelmans und den Abteilungsleiter Detlef Selhausen entlassen hatte, hat sicher auch damit zu tun, dass die beiden zu den prominenten Vertretern der alten Struktur gehörten. Zudem waren sie zentral mit dem wohl kritischsten Projekt des Beschaffungswesens der Bundeswehr, der Skandal-Drohne "Euro Hawk", befasst.

Die Einstellung etlicher Führungskräfte im Ministerium, die Hausspitze müsse nicht alles wissen, hat schon mehrere Minister in schwere Bedrängnis und im Fall etwa von Verteidigungsminister Franz Josef Jung zum Rücktritt gebracht. Von der Leyen will mit dieser Mentalität nun aufräumen. Ihre wohl künftige Staatssekretärin hat eine schwierige Mission.

Auch privat bringt Suder eine für die Bundeswehr ungewöhnliche Vita mit. Die Mutter von zwei Kindern lebt mit einer Frau zusammen in Berlin-Kreuzberg. Mit ihrer Homosexualität geht sie offen um und engagiert sich für den Verein "Lesbenfrühling". Was in der Gesellschaft kaum noch der Erwähnung bedarf, ist in der Bundeswehr eine Kulturrevolution. In der männerdominierten Generalität haben schon die ersten Ankündigungen von der Leyens für Unruhe gesorgt, dass sie sich stärker um Kinderbetreuung in der Truppe kümmern werde.

Eine offizielle Bestätigung des Verteidigungsministeriums für die Personalie Suder gibt es bislang übrigens noch nicht. Die Entscheidung solle im Sommer getroffen werden, hieß es.

(RP)
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