CIA-Verschleppungsflüge Keiner will versagt haben

Berlin (RPO). Was wusste die rot-grüne Bundesregierung über CIA-Gefangenenflüge und angebliche Geheimgefängnisse des US-Geheimdienstes? Dieser Frage ging der BND-Untersuchungsausschuss nach. Ob Innenminister Schäuble, Justizministerin Zypries oder Ex-BND-Chef Hanning - keiner will etwas gewusst haben.

Bekannt gewordene CIA-Operationen
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Foto: CIA

Die damalige Regierung wird verdächtigt, im Anti-Terrorkampf Grenzen überschritten zu haben. Nach Auffassung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) besteht in der Frage der CIA-Gefangenenflüge über deutschem Staatsgebiet besteht kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Er kann nach eigenen Worten aber nicht ausschließen, dass weiterhin die illegalen CIA-Gefangenentransporte durch deutschen Luftraum stattfinden.

Schäuble sagte: "Die Bundesregierung hat gegenüber der US-Regierung klar zum Ausdruck gebracht, dass sie unsere Souveränität und unsere Rechtsordnung achten muss." Die USA hätten dies Ende 2005 zugesagt. "Ich sehe keinen Anlass, diese Zusicherungen der Vereinigten Staaten in Zweifel zu ziehen." Der Bundesinnenminister schloss aus, dass Bundesnachrichtendienst (BND) oder Verfassungsschutz damit beauftragt werden könnten, die Einhaltung der US-Zusagen zu überprüfen. Eine solche systematische Überwachung eines Partnerdienstes mit nachrichtendienstlichen Mitteln widerspräche der Staatspraxis der Bundesrepublik.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sagte ebenfalls vor dem Ausschuss aus. Sie forderte nach eigenen Angaben seit 2003 mehrfach in den USA die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze im Kampf gegen den Terrorismus ein. Unter anderem habe sie bei den US-Justizministern John Ashcroft und Alberto Gonzales für die Freilassung der unter Terrorverdacht in den USA gefangenen Khaled El Masri und Murat Kurnaz gefordert. Der im Libanon geborene El Masri ist Deutscher, der Türke Kurnaz stammt aus Bremen.

"Rechtsstaat niemals preisgeben"

Außerdem habe sie gegenüber den US-Ministern ihre Kritik an dem Gefangenenlager Guantanamo deutlich gemacht. Es stehe ebenso wie Geheimgefängnisse oder CIA-Gefangenenflüge im Widerspruch zum Recht auf Schutz vor willkürlichen Verhaftungen. Die US-Politiker hätten zurückhaltend reagiert, zum Teil aber Änderungsbedarf zugestanden.

Zypries räumte ein, dass die Vereinigten Staaten unter rechtsstaatlicher Terrorismusbekämpfung etwas anderes verstünden als Europäer. Sie meine aber, der Rechtsstaat dürfe niemals preisgegeben werden. "Die Ideale der Freiheit dürfen auch im Kampf gegen die Feinde der Freiheit nicht verloren gehen." Terroristen seien Kriminelle und daher mit den Strafgesetzen zu bekämpfen. Sonderrechte und Sonderlager seien abzulehnen.

Vernommen wurde auch der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Christian Schmidt (CSU). Dabei ging es um das in Stuttgart ansässige US-Europakommando EUCOM, zu dessen Aufgaben bis heute Gefangenenüberstellungen in das Lager Guantanamo gehört. Dort sind auch deutsche Verbindungsoffiziere tätig. Von der Beteiligung von EUCOM an ungesetzlichen Handlungen sei den Offizieren nichts bekanntgeworden, sagte Schmidt. Das US-Gefangenenlager Guantanamo entspricht laut Schmidt "in keiner Weise rechtsstaatlichen Grundsätzen".

"Engster Verbündeter Deutschlands wird nicht überwacht"

Der frühere BND-Präsident August Hanning betonte, "der Bundesnachrichtendienst überwacht nicht den engsten Verbündeten der Bundesrepublik Deutschland". Hanning versicherte, bis 2005 nichts von einer systematischen Praxis der umstrittenen Gefangenenüberführungen (Renditions) gewusst zu haben. Es bestehe keine "Wiederholungsgefahr" der Gefangenenflüge nach dem 11. September 2001, die in zwei bekannten Fällen auch deutschen Luftraum berührten. "Ich glaube nicht, dass wir künftig mit derartigen Renditions zu rechnen haben", sagte der heutige Staatssekretär im Bundesinnenministerium.

Auch der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, sagte, als "befreundeter Dienst" sei der amerikanische Dienst nicht systematisch beobachtet worden. Diese Vorgehensweise sei "Grundlage für eine gute Zusammenarbeit" gewesen, die "essenziell" für die Arbeitsergebnisse des Verfassungsschutzes gewesen sei. Von Gefangenenflügen und Geheimgefängnissen habe er trotz früherer Presseberichte erst 2005 erfahren. Fromm betonte, seinem Amt sei anschließend "von amerikanischer Seite zugesichert worden, dass man sich an die Regeln halten werde".

Der CIA hatte nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in aller Welt Verdächtige festgenommen und sie in geheime Gefängnisse oder Drittländer verschleppt. Mindestens zwei solcher Flüge führten laut dem Ermittlungsbeauftragten des Ausschusses, Joachim Jacob, über Deutschland.

(afp)
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