Düsseldorf/Münster Kippt Gericht die Nullrunden für Beamte?

Düsseldorf/Münster · Am Mittwoch findet die mündliche Anhörung vor dem Verfassungsgerichtshof in Münster statt. CDU und FDP haben gegen das rot-grüne Besoldungsgesetz Klage eingereicht. Eine Niederlage könnte das Land 710 Millionen Euro kosten.

Zwei Jahre lang will die rot-grüne NRW-Regierung einem Teil der Beamtenschaft keine Gehaltserhöhung gewähren. Ist das rechtens? Nein, betonen CDU und FDP. Sie haben vor dem Verfassungsgerichtshof (VGH) in Münster geklagt. Am Mittwoch findet die mündliche Verhandlung statt. Aus der Fragestellung des Sieben-Richter-Gremiums unter Vorsitz von Ricarda Brandts dürften sich Anhaltspunkte ergeben, wie das Gericht entscheidet. Das Urteil könnte noch vor der Sommerpause erfolgen.

Mit ihrer gemeinsamen Pressekonferenz hatten Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, Finanzminister Norbert Walter-Borjans (beide SPD) und Vize-Regierungschefin Sylvia Löhrmann (Grüne) im März 2013 einen Sturm der Entrüstung bei Beamten und Richtern entfacht. Das Trio kündigte an, dass die jüngsten Tarifabschlüsse aus Einspargründen nicht eins zu eins auf die Beamtenschaft übertragen würden. Lediglich die unteren Besoldungsgruppen (A 2 bis A 10) könnten mit entsprechenden Einkommensverbesserungen rechnen, und zwar mit 2,65 Prozent für 2013 und 2,95 Prozent für das darauf folgende Jahr.

Die Besoldungsgruppen A11 und A12 bekommen demnach in beiden Jahren jeweils ein Prozent mehr, während die höher eingestuften Beamten leer ausgehen. Zwei Nullrunden eben. Die Ersparnis für das Land bezifferte der Finanzminister auf insgesamt 710 Millionen Euro.

Der Deutsche Beamtenbund (DBB) warf der Landesregierung Wortbruch vor. Noch vor der Landtagswahl 2012 hätten sowohl Kraft als auch Walter-Borjans zugesichert, dass die Beamten nicht von der Gehaltsentwicklung im öffentlichen Dienst abgekoppelt würden. "Mehr als 270 000 Beamte in NRW im Landesdienst und bei den Kommunen will Rot-Grün weitere Sonderopfer durch Mini- oder Nullrunden bei der Gehaltsanpassung zumuten", wetterte der damalige DBB-Landeschef Meinolf Guntermann. Trotz zahlreicher Proteste - mehr als 100 000 Beamte haben beim Landesamt für Besoldung Widerspruch eingelegt - blieb die Regierung Kraft bei ihrem Sparkonzept, woraufhin die Fraktionen von CDU und FDP im September 2013 Klage beim VGH erhoben.

Zwei Urteile, die das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig seither gefällt hat, müssen Rot-Grün zu denken geben. Am 12. Dezember 2013 entschied es, dass es verfassungswidrig sei, nur die unteren Beamtengehälter der Tarifentwicklung anzupassen. Der Abstand zwischen den Besoldungsgruppen dürfe nicht durch die ungleiche Anpassung eingeebnet werden. Außerdem rechtfertige die Absicht zur Haushaltskonsolidierung einen solchen Schritt nicht (Az.: BVerwG 2C 49.11).

Am 27. Februar dieses Jahres legte das Gericht in Leipzig nach. Es bestätigte zwar das Streikverbot für Beamte (in diesem Fall für Lehrer). Zugleich verwies es aber auch darauf, dass den für die angestellten Staatsdiener erzielten Tarifabschlüssen "maßgebende Bedeutung für die Beamtenbesoldung zukommt". Bund und Länder seien "verfassungsrechtlich gehindert, die Beamtenbesoldung von der Einkommensentwicklung, die in den Tarifabschlüssen zum Ausdruck kommt, abzukoppeln." (Az.: BVerwG 2 C 1.13).

Angesichts dieser beiden Urteile erscheint es nur folgerichtig, wenn der VGH die Entscheidung der NRW-Regierung kippt. Entsprechend zuversichtlich zeigt sich DBB-Landeschef Roland Staude. Ein Verdikt des VGH könnte bedeuten, dass das Land den betroffenen Beamten die Gehaltserhöhung nachzahlen müsste - das wäre ein enormer finanzieller Kraftakt, der das Einhalten der Schuldenbremse 2020 zusätzlich gefährden könnte. Möglicherweise hätte sich Rot-Grün viel Ärger erspart, wenn eine moderate, dafür aber gleichmäßige Anpassung der Gehälter von etwa 1,5 Prozent für alle Beamten beschlossen worden wäre.

(RP)
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