Dresden/München Kirchen und Bürger marschieren gegen "Pegida"

Dresden/München · Immer mehr Menschen gehen gegen die islamfeindliche Bewegung auf die Straßen. Die RP veranstaltet ein Expertenforum.

Kirchen, Gewerkschaften und Bürgergruppen haben zu Kundgebungen gegen die islamfeindliche "Pegida"-Bewegung aufgerufen. Kurz vor dem Weihnachtsfest wollen sie heute in München, Kassel, Dresden und anderen Städten für Toleranz und Respekt gegenüber Flüchtlingen demonstrieren. Auch Anhänger des Bündnisses "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) wollen erneut auf die Straße gehen. In Dresden haben sie zu einem "gemeinsamen Weihnachtsliedersingen" vor der Semperoper aufgerufen.

In den vergangenen Wochen hatten sich in Sachsens Landeshauptstadt Tausende Bürger an den "Pegida"-Kundgebungen beteiligt, zuletzt rund 15 000 Menschen. Sie demonstrieren für eine strengere Asylpolitik und gegen eine vermeintliche Islamisierung der Gesellschaft. In anderen Städten gab es ähnliche Aufrufe, denen aber deutlich weniger Bürger folgten.

Der Sozialpsychologe Andreas Zick sieht darin Zeichen für ein Auseinanderdriften der alten und neuen Bundesländer. "Die eigene Abstiegsangst macht einem Probleme, also redet man lieber über die Überfremdungsangst durch andere", so Zick. Dieser psychologische Mechanismus sei im Osten stärker verbreitet als im Westen, "weil die Leute tatsächlich etwas verloren haben, nach der Wende".

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich erinnerte die Bürger daran, dass ihnen seit 25 Jahren die Welt offen stehe. "Und genauso ist und muss uns die Welt auch in Sachsen willkommen sein, ohne Mauer in den Köpfen und mit Neugier, wie wir Bereicherung erfahren können", mahnt der CDU-Politiker in der "Leipziger Volkszeitung".

Nach Einschätzung seines Innenministers Markus Ulbig (CDU) sind die "Pegida"-Organisatoren nicht an Gesprächen über ihre Forderungen interessiert. Womöglich solle sogar ein Mythos aufgebaut werden, wonach die Politik das Gespräch verweigere.

Der Zentralrat der Muslime rief dazu auf, sich intensiver mit den "Pegida"-Anhängern auseinanderzusetzen. Deren Ängste seien eng verbunden mit der größer werdenden Schere zwischen arm und reich, sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek im "rbb-Inforadio". Die Muslime in Deutschland verurteilten selbst seit Jahren die radikalen Auswüchse des Islams. "Wir brauchen keine ,Pegida', um gegen diese Formen zu protestieren. Die Muslime selber demonstrieren dagegen."

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sagte der "Welt", "Pegida" instrumentalisiere die Angst vor islamistischem Terror, um eine ganze Religion zu verunglimpfen. "Das ist absolut inakzeptabel." SPD-Bundesvize Ralf Stegner sagte, er wolle keinesfalls Tausende Demonstranten als Nazis bezeichnen. "Aber arglose Bürger, die nicht wissen, was dort geschieht, sind das nicht. Das müssten solche sein, die Augen, Ohren und Nase zuhalten. Das stinkt nämlich, das ist inhaltlich rechts, und das kann man hören und sehen."

(dpa)
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