Spendenaffäre: Schäuble nahm 100 000 Mark von Schreiber Kohl soll CDU-Vorsitzenden zur Aussage gedrängt haben

Berlin (dpa). CDU-Chef Wolfgang Schäuble hat am Montag überraschend zugegeben, selbst 1994 eine Bargeldspende von 100 000 Mark vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber angenommen zu haben. Diese Spende habe er der CDU-Schatzmeisterei übergeben, der Beitrag sei aber unter "sonstige Einnahmen" verbucht worden, sagte Schäuble am Montagabend in der ARD-Sendung "Farbe bekennen". Nach Informationen der "Stuttgarter Zeitung" soll Altkanzler Helmut Kohl den CDU-Chef zuvor "massiv unter Druck" gesetzt haben, diese Erklärung abzugeben.

Berlin (dpa). CDU-Chef Wolfgang Schäuble hat am Montag überraschend zugegeben, selbst 1994 eine Bargeldspende von 100 000 Mark vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber angenommen zu haben. Diese Spende habe er der CDU-Schatzmeisterei übergeben, der Beitrag sei aber unter "sonstige Einnahmen" verbucht worden, sagte Schäuble am Montagabend in der ARD-Sendung "Farbe bekennen". Nach Informationen der "Stuttgarter Zeitung" soll Altkanzler Helmut Kohl den CDU-Chef zuvor "massiv unter Druck" gesetzt haben, diese Erklärung abzugeben.

Schäuble hatte Schreiber nach dpa-Informationen bei einem Essen in Bonn kennen gelernt, das die damalige CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister für der Partei nahe stehende Personen aus der Wirtschaft gegeben hatte. Laut "Stuttgarter Zeitung" soll Kohl bereits seit langem von der Spende Schreibers gewusst haben, die direkt für Schäuble gedacht gewesen sei. Unter Berufung auf die Parteiführung berichtet die Zeitung, Kohl stehe "in engem Kontakt mit Schreiber".

CDU-Generalsekretärin Angela Merkel lobte Schäubles Eingeständnis. "Schäubles Darstellung ist Ausdruck der Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit der neuen Parteiführung, dass wir das, was wir wissen, auch aufdecken. Wir haben nichts zu verbergen", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". Schäuble habe sich nichts vorzuwerfen. "Er hat die Spende direkt an die Schatzmeisterei weitergegeben."

Die CDU-Parteispendenaffäre war ins Rollen gekommen, als bekannt wurde, dass Schreiber einen Koffer mit einer Million Mark in der Schweiz an den damaligen CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep übergeben hatte. Dieses Geld war im Rechenschaftsbericht der Partei nicht aufgetaucht. Gegen den Waffenhändler läuft zurzeit auf Grund eines deutschen Haftbefehls ein Auslieferungsverfahren in Kanada.

Bei SPD und Grünen wurden erste Forderungen nach einem Rücktritt des CDU-Chefs laut. Der bayerische SPD-Generalsekretär Wolfgang Hoderlein sagte der dpa, Schäuble müsse Konsequenzen ziehen, wenn er die Annahme einer Bargeldspende von Schreiber nicht überzeugend aufklären könne. Für die nordrhein-westfälischen Grünen sagte Landessprecher Reiner Priggen, Schäuble müsse sein Amt niederlegen, um weiteren Schaden von der Demokratie abzuwenden.

Schäuble räumte in der ARD Mitverantwortung bei der Spendeneinnahmepraxis seiner Partei ein. "Aus heutiger Sicht hätte man mehr nachfragen sollen. Aber das haben wir nicht getan." Zu den Auseinandersetzungen seiner Partei über den Umgang mit ihrem Ehrenvorsitzenden Helmut Kohl meinte Schäuble, es treffe die CDU- Führung "ein Stück Mitverantwortung, weil wir nicht nachgefragt haben". Die Kontrollen seien nicht so ernst genommen worden, wie man das aus heutiger Sicht hätte tun sollen. Gleichzeitig sei nicht nachgeforscht worden, ob Spenden im Rechenschaftsbericht vermerkt wurden. Jetzt sei aber "ganz sicher gestellt, dass sich das nicht wiederholt", meinte der CDU-Chef.

Schäuble sagte, er habe nach wie vor ein gutes Verhältnis zu Kohl. "Wir reden miteinander und werden auch weiter miteinander reden." Es bestehe dabei eine Meinungsverschiedenheit über die Frage, ob Kohl die Namen bisher nicht genannter Spender offen legen sollte. "Zwingen kann ich ihn nicht", sagte Schäuble.

Angesichts der parteiinternen Auseinandersetzungen um Spendenpraxis und die Rolle Kohls rief der nordrhein-westfälische CDU-Chef Jürgen Rüttgers die CDU zur Geschlossenheit auf. "Das derzeit Allerwichtigste ist, dass die Partei zusammenbleibt", sagte er im Südwestrundfunk.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bescheinigte Kohl am Sonntag ein "bedenkliches Staatsverständnis". Recht und Gesetz seien Kohl weniger Wert, als ein wem auch immer gegebenes Wort. Ein solcher Vorgang könne das demokratische System bedrohen. "Das geht nicht für politisch Verantwortliche", sagte der Kanzler im ZDF.

Kohl hatte zugegeben, zwischen 1993 und 1998 bis zu zwei Millionen Mark in bar angenommen zu haben und das Geld nicht als Spende ausgewiesen zu haben. Gegen ihn wird wegen Untreue ermittelt.

(RPO Archiv)
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