Kolumne: Berliner Republik Bundespräsident als Stabilisator

Berlin · Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat erreicht, dass Union und SPD über eine große Koalition verhandeln. Die Mission geht aber weiter.

Kolumne: Berliner Republik: Bundespräsident als Stabilisator
Foto: Quadbeck

Während Union und SPD um die Details eines gerechteren Gesundheitssystems und den Familiennachzug für Flüchtlinge ringen, tourt Steinmeier durch den Nahen Osten. In einer Zeit, in der die Regierung nur geschäftsführend im Amt ist, wird der frühere Außenminister und jetzige Präsident als Autorität aus Deutschland erst recht mit offenen Armen empfangen. Selbstverständlich lässt er sich kein öffentliches Wort entlocken, wie die mögliche Neuauflage der großen Koalition nun den Familiennachzug regeln sollte - auch wenn die Frage in Jordanien und im Libanon, wo er gerade unterwegs ist, geradezu auf der Hand liegt. Denn auch dort leben Flüchtlinge in Lagern, die Familienangehörige in Deutschland haben und gerne der Tristesse vor Ort entkämen.

Steinmeier weiß, wie fragil auch die jetzigen Verhandlungen um eine große Koalition sind. Ohne seine Intervention säßen die alten Koalitionäre gar nicht zusammen, sondern hätten sich auf das Abenteuer Neuwahl eingelassen. Nun meidet Steinmeier jedes Wort, das die deutsche Öffentlichkeit im Allgemeinen und die Verhandler im Besonderen zu neuen aufgeregten Debatten treiben könnte. Das Amt des Bundespräsidenten verbietet es ohnehin, Partei zu ergreifen für die eine oder andere Gruppierung, weshalb das Staatsoberhaupt auch seine SPD-Mitgliedschaft ruhen lässt. Die Vorsicht von Amts wegen hat zudem den tieferen Grund, dass Steinmeiers Mission in Sachen stabile Regierungsbildung noch nicht erfüllt ist. Union und SPD könnten scheitern, auch die sozialdemokratische Basis könnte Nein sagen. Dann ist der Bundespräsident erneut gefragt. Und wenn er aus guten Gründen sich einer Neuwahl nicht mehr in den Weg stellen sollte, kann er das glaubwürdig nur tun, wenn er vorher kein Wort zu den Inhalten verloren hat.

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(qua)
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