Kolumne: Berliner Republik Ein Streit zersetzt die Union

Berlin · Es gibt einen wunderbaren Film über einen Mann, der immer wieder den gleichen Tag erleben muss. "Und täglich grüßt das Murmeltier" heißt der Streifen. Die Grundsatzdebatten der Union erinnern in vielen Punkten an dieses Stück Kino aus den 90er Jahren. So wird die Islam-Debatte heute nach dem gleichen schlichten Strickmuster wie die Obergrenzen-Debatte in der vergangenen Wahlperiode geführt. Der CSU-Chef sagt: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland." Angela Merkel antwortet prompt: "Der Islam gehört zu Deutschland." Woraufhin sich Horst Seehofer echauffiert, dass der Islam eben nicht zu Deutschland gehöre. Freilich legen beide Parteichefs um ihre Festlegung wiederum so viele Wortgirlanden, dass man bei näherer Betrachtung meinen könnte, sie seien gar nicht so weit auseinander, und die Fragen von Integration und Anerkennung unserer Werte seien allemal wichtiger als der Tanz um die Islamfrage.

Kolumne: Berliner Republik: Ein Streit zersetzt die Union
Foto: Quadbeck

Was einst die Obergrenze war, ist für CDU und CSU nun der Umgang mit dem Islam. Die Debatte, ob dieser zu Deutschland gehört oder nicht, drückt den Konflikt der Schwesterparteien in der Flüchtlings- und Migrationspolitik aus.

Es gibt einen wunderbaren Film über einen Mann, der immer wieder den gleichen Tag erleben muss. "Und täglich grüßt das Murmeltier" heißt der Streifen. Die Grundsatzdebatten der Union erinnern in vielen Punkten an dieses Stück Kino aus den 90er Jahren.

So wird die Islam-Debatte heute nach dem gleichen schlichten Strickmuster wie die Obergrenzen-Debatte in der vergangenen Wahlperiode geführt. Der CSU-Chef sagt: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland." Angela Merkel antwortet prompt: "Der Islam gehört zu Deutschland." Woraufhin sich Horst Seehofer echauffiert, dass der Islam eben nicht zu Deutschland gehöre.

Freilich legen beide Parteichefs um ihre Festlegung wiederum so viele Wortgirlanden, dass man bei näherer Betrachtung meinen könnte, sie seien gar nicht so weit auseinander, und die Fragen von Integration und Anerkennung unserer Werte seien allemal wichtiger als der Tanz um die Islamfrage.

Alte Gräben brechen wieder auf

Man könnte den ganzen Streit in der Abteilung "Grüße vom Murmeltier" verbuchen und die Reflexhaftigkeit der Debatte belächeln, wenn sie nicht doch auch gefährlich wäre für die Regierung. Denn mit den öffentlich ausgetragenen Wortschlachten brechen die alten Gräben zwischen CDU und CSU wieder auf.

Der Streit um die Obergrenze konnte nur unter dem Druck beigelegt werden, dass sich die Union andernfalls hätte eingestehen müssen, nicht regierungsfähig zu sein. Die Islam-Debatte ist nun eine Art rhetorischer Stellvertreterkrieg für den zumindest zwischen Merkel und Seehofer fortbestehenden Konflikt in der Flüchtlings- und Migrationspolitik.

Doch was wie ein Streit von vielen daherkommt, könnte am Ende die Stabilität der so mühsam geschlossenen großen Koalition gefährden. Eine Trennung von CDU und CSU ist seit der Flüchtlingskrise nicht mehr undenkbar.

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(qua)
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