Kommentar Vom Sinn der Selbstanzeige

Berlin · Strafbefreiungen für Menschen, die der Gemeinschaft der Steuerzahler Millionenerträge vorenthalten und nicht versteuern? Die meisten Bürger reagieren mit Unverständnis darauf, dass das überhaupt möglich ist. Zwei Drittel sind für die Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige. Ihnen wollen die Länderfinanzminister ein wenig entgegen kommen – indem sie die Regeln für Steuerhinterzieher verschärfen. Sie sollen es künftig schwerer haben, eine wirksame Selbstanzeige vorzulegen – und sie sollen mehr dafür bezahlen müssen, um der Strafverfolgung zu entgehen.

Wie geht das mit der Selbstanzeige?
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Strafbefreiungen für Menschen, die der Gemeinschaft der Steuerzahler Millionenerträge vorenthalten und nicht versteuern? Die meisten Bürger reagieren mit Unverständnis darauf, dass das überhaupt möglich ist. Zwei Drittel sind für die Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige. Ihnen wollen die Länderfinanzminister ein wenig entgegen kommen — indem sie die Regeln für Steuerhinterzieher verschärfen. Sie sollen es künftig schwerer haben, eine wirksame Selbstanzeige vorzulegen — und sie sollen mehr dafür bezahlen müssen, um der Strafverfolgung zu entgehen.

Die Strafbefreiung ist tatsächlich ungerecht. Allerdings käme der Staat den allermeisten Steuerbetrügern ohne diesen Köder wohl niemals auf die Schliche. In der Abwägung seiner Ziele — Steuergerechtigkeit versus Einnahmenmaximierung — hat er sich zu Recht für Letzteres entschieden. Denn würde der Gesetzgeber die strafbefreiende Selbstanzeige abschaffen, wäre der Anschein der Gerechtigkeit im Gesetzblatt zwar gewahrt. Im Ergebnis aber würden deutlich weniger Steuerhinterziehungsfälle bekannt und geahndet.

Ob es richtig war, die Bedingungen für die Selbstanzeige zu verschärfen, wird sich erst in einigen Jahren herausstellen. Zu vermuten ist, dass die derzeitige Welle der Selbstanzeigen eher wieder abebben wird. Denn wird die Selbstanzeige am Ende zu teuer, dürften Steuerbetrüger lieber weiter die Variante der gut abgesicherten Illegalität wählen. Auch wenn die Schweiz ihr Bankgeheimnis nun etwas lüften will, Österreich und Luxemburg sich dem automatischen Informationsaustausch von Steuerdaten in der EU öffnen wollen - es wird auf der Erde immer Staaten geben, die Steuerbetrügern genügend Schutz bieten.

Besser als der seltsame Ankauf von Steuer-CDs, die Datendiebe den deutschen Behörden gewissermaßen wie Hehlerware anbieten, und die strafbefreiende Selbstanzeige wäre allemal ein Steuerabkommen mit der Schweiz gewesen. Das hätte die Besteuerung für alle Zukunft für jeden Kontoinhaber in der Schweiz klar geregelt — und der deutsche Staat hätte auch rückwirkend noch deutlich mehr Milliarden Euro eingenommen als ihm die Selbstanzeigen-Flut seit 2010 beschert hat.

(csi)
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