Leichlingen/Düsseldorf Kraft soll in Flüchtlingsstreit eingreifen

Leichlingen/Düsseldorf · Die Stadt Leichlingen hat im Kampf um den Erhalt eines ehemaligen Schwesternwohnheims NRW-Ministerpräsidentin Kraft um Hilfe gebeten. Die Gemeinde will dort Flüchtlinge unterbringen.

Die Deutsche Rentenversicherung Rheinland steht massiv in der Kritik. Während überall im Land händeringend nach Unterkünften für Flüchtlinge gesucht wird, Turnhallen belegt und Containerdörfer gebaut werden, will die Organisation mit Sitz in Düsseldorf ein ehemaliges Schwesternwohnheim in Leichlingen auf dem Gelände der Herzreha-Klinik Roderbirken abreißen. Die Stadt würde das Gebäude gerne anmieten, um dort Flüchtlinge unterzubringen.

Das Gebäude, das über 96 Wohnungen verfügt, "würde unsere Unterbringungs-Problematik auf viele Monate hinaus lösen", heißt es im Rathaus. Für August ist ein Gesprächstermin zwischen Bürgermeister Frank Steffes (SPD) und dem Eigentümer vereinbart. Weil der die Abriss-Arbeiten am Montag anlaufen ließ und ungeachtet der Diskussionen fortsetzen will, hat sich Steffes nun direkt NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) um Hilfe gebeten.

Die Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen bestätigte gestern den Eingang des Schreibens, wollte sich inhaltlich aber noch nicht äußern. Juristische Möglichkeiten, die Arbeiten zu stoppen, dürfte selbst die Landeschefin kaum haben, denn die Rentenversicherung besitzt laut Angaben eines Sprechers eine gültige Abriss-Genehmigung aus dem vergangenen Jahr.

Außerdem sollen Gutachten im Besitz der Versicherung belegen, dass der Zustand des Gebäudes marode sei. Eine Bitte der Stadt Leichlingen, diese Gutachten einsehen zu dürfen, wurde nach Informationen unserer Zeitung aber abgelehnt.

Bürgermeister Steffes, der das Gebäude vor kurzem selbst noch besichtigt hatte, spricht dagegen von einem optisch guten Zustand. Die Räume sein meist sogar noch möbliert. Im Vergleich zu bisherigen Flüchtlingsunterkünften im Stadtgebiet sei das ehemalige Schwesternheim regelrecht komfortabel.

In Leichlingen hat sich eine breite politische Allianz zum Erhalt des Gebäudes formiert - allen voran die beiden großen Stadtratsfraktionen von CDU und SPD. Beide Vertretungen haben inzwischen einen Vorstoß beim Bundesrechnungshof unternommen. Der soll angeblich Druck auf die Rentenversicherung in Sachen Abriss ausüben. "Der Bundesrechnungshof hat uns aufgefordert, uns von Liegenschaften, die nicht mehr für unser Kerngeschäft notwendig sind, zu trennen", argumentiert ein Sprecher der Rentenversicherung. Das sogenannte Rücklage-Vermögen müsse abgebaut werden. SPD-Fraktionschef Matthias Ebecke bezweifelt das und hat jetzt ebenso wie sein CDU-Ratskollege Andreas Heusner um Klarstellung gebeten.

Während Leichlingen um Unterbringungsmöglichkeiten kämpft, holen sich viele Kommunen in NRW einen Teil der Kosten für Versorgung und Unterbringung von den Flüchtlingen selbst zurück. Das haben Recherchen unserer Zeitung ergeben.

Die Stadt Nettetal zum Beispiel verlangt von einem erwachsenen Asylsuchenden 74,15 Euro für Bekleidung, Unterkunft und Energie. Das Geld zieht die Stadt dem Flüchtling von seinem "Taschengeld" ab, das deutlich knapper bemessen ist als der Hartz-IV-Regelsatz. Neuss behält 33,50 Euro von jedem erwachsenen Flüchtling für Strom ein. Die Stadt Mönchengladbach verfährt ähnlich.

(RP)
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