Düsseldorf/Berlin Kraft will Islamverband Ditib überprüfen

Düsseldorf/Berlin · Die NRW-Regierungschefin möchte in einem parteiübergreifenden Verfahren klären, ob Ditib als islamische Religionsgemeinschaft anerkannt wird. Gutachter sollen die Abhängigkeit vom türkischen Staat untersuchen.

Die Vorgänge in der Türkei nach der Niederschlagung des Militärputsches haben Auswirkungen auf die Religionspolitik des Landes Nordrhein-Westfalen. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) strebt einen Konsens aller im Landtag vertretenen Parteien in der Frage an, wie mit dem türkischen Islamverband Ditib künftig umgegangen wird. Der größte deutsche Moscheen-Verband steht im Verdacht, von der türkischen Regierung finanziell und inhaltlich abhängig zu sein. "Fragen der Staatsnähe von Islamverbänden müssen geprüft werden", sagte die NRW-Regierungschefin im Gespräch mit unserer Redaktion.

Kraft macht sich nach der Verhaftungswelle Sorgen um die Demokratie in der Türkei. Das könnte sich auch auf Ditib, den größten islamischen Verband in Deutschland, auswirken. Es sei ihr wichtig, "dass bei der Debatte über die Anerkennung von Islamverbänden als Religionsgemeinschaften der gemeinsame politische Schulterschluss erhalten bleibt", sagte die SPD-Politikerin. Als Religionsgemeinschaft könnte Ditib langfristig größeren Einfluss auf den bekenntnisorientierten Islamunterricht an deutschen Schulen nehmen und würde auch eine breitere Förderung aus öffentlichen Mitteln erhalten. In NRW besetzt die Ditib einen von acht Plätzen in dem Beirat, mit dem das Schulministerium beim islamischen Religionsunterricht zusammenarbeitet.

Kraft will in der kommenden Woche die Obleute der Parteien einladen, um die Situation zu erörtern und die weiteren Schritte abzustimmen. "Die Ereignisse erfordern im Hinblick auf den Anerkennungsprozess eine hohe Sensibilität", sagte die Regierungschefin. Auch Krafts Stellvertreterin, Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), setzte den Verband unter Druck: "Es ist jetzt an der Ditib zu zeigen, dass sie unabhängig vom türkischen Staat handelt und ein deutscher Verband für Muslime in Deutschland ist."

Die Innenminister von CDU und CSU haben unterdessen alle Musliminnen in Deutschland aufgefordert, ihr Gesicht zu zeigen. Wie sie in ihrer "Berliner Erklärung" unterstreichen, wollen sie ein förmliches Burka-Verbot jedoch auf bestimmte Bereiche wie Ämter, Schulen, Kindergärten, Universitäten, Gerichtssäle und das Autofahren und Demonstrieren beschränken. Es gebe hier "Gesetzgebungsbedarf", erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Er verwies jedoch zugleich auf seinen vor Tagen vorgestellten Maßnahmenkatalog, den er noch in dieser Wahlperiode mit dem Koalitionspartner durchsetzen will. Darin ist das Verbot der Vollverschleierung nicht enthalten.

Bei der SPD stieß die Positionierung der Union zur Burka auf scharfe Kritik. "Die Lage ist zu ernst für politische Mätzchen und Scheindebatten", sagte Innenexperte Burkhard Lischka. "Bekanntlich werden in der Ostsee häufiger Buckelwale gesichtet als Burka-Trägerinnen in Deutschland", sagte der SPD-Politiker. Auch Justizminister Heiko Maas (SPD) ging auf Distanz und forderte, die Burka-Debatte von der Sicherheitsdebatte zu trennen.

NRW-Ministerpräsidentin Kraft will die Vorschläge für ein Burka-Verbot genau prüfen. Zwar wendet sich auch die SPD-Politikerin gegen ein generelles Verbot. "In den öffentlichen Einrichtungen aber müssen wir das regeln, weil es wichtig ist, den Menschen ins Gesicht zu sehen. Und im Verkehr müssen wir die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer gewährleisten", sagte Kraft. Wie Maas lehnt auch sie eine Verquickung der Frage mit der inneren Sicherheit ab. Es gehe um Integration.

(RP)
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