Berlin / Rom Kritik am Papst nach Prügel-Aussage

Berlin / Rom · Laut Bundesfamilienministerin Schwesig gibt es kein würdevolles Schlagen.

Papst Franziskus hat bei seiner wöchentlichen Generalaudienz Schläge als Erziehungsmaßnahme indirekt befürwortet, Ohrfeigen jedoch ausdrücklich abgelehnt. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) und Kinderschutzorganisationen wiesen darauf hin, dass es kein würdevolles Schlagen anderer Menschen gebe. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) attestierte dem Papst "mittelalterliches Denken". Der Vatikan wies die Einschätzung zurück, der Papst rechtfertige Prügelstrafen. In Deutschland ist körperliche und seelische Gewalt gegen Kinder seit 2000 gesetzlich verboten.

Franziskus sprach über die Rolle der Väter in den Familien. Sie müssten dort stärker präsent sein und die Kinder "korrigieren, ohne zu erniedrigen". Als Beispiel führte er abweichend vom Redetext einen Vater auf, der zu ihm gesagt habe: "Ich muss manchmal meine Kinder ein bisschen schlagen, aber nie ins Gesicht, um sie nicht zu erniedrigen." Der Papst kommentierte das Verhalten des Mannes: "Wie schön! Er weiß um den Sinn der Würde. Er muss sie bestrafen, aber tut es gerecht und geht dann weiter."

Der Kölner Theologe und Psychotherapeut Manfred Lütz, der das Erzbistum auch bei der Bekämpfung von sexuellem Missbrauch beraten hat, räumte im Gespräch mit unserer Zeitung ein, dass die Erfahrungswelt des Papstes möglicherweise eine andere ist: "In den Slums von Buenos Aires sieht die Welt eben anders aus als in einer gutsituierten Familie in Deutschland. Wir haben in der Kindererziehung eine Entwicklung durchgemacht. Vor 40 Jahren hätten sich die Leute hierzulande noch ganz ähnlich ausgedrückt."

Der Bund der katholischen Jugend in Deutschland erklärte gestern: "Wir halten das Schlagen von Kindern für nicht vereinbar mit ihrer Würde."

(epd/los)
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