Zagreb Kroatien und Slowenien streiten um Grenze

Zagreb · Ein diplomatischer Skandal heizt einen alten Territorialkonflikt an der nördlichen Adria wieder an.

Im jahrzehntelangen Konflikt mit seinem Nachbarn Slowenien um die Grenze in der Bucht von Piran an der nördlichen Adria lässt Kroatien das internationale Schiedsverfahren platzen. Das kroatische Parlament hat nun einstimmig den Beschluss gefasst, das von der EU vermittelte und seit sechs Jahren tagende Schiedsgericht zu verlassen.

Auslöser dafür war ein politischer Skandal, den die Zagreber Tageszeitung "Vecernji list" aufdeckte. Das Blatt veröffentlichte abgehörte Gespräche zwischen Spitzenvertretern der Gegenpartei. Demnach hat der slowenische Schiedsrichter Jernej Sekolec einer Beamtin seines Außenministeriums das schon gefällte, aber noch nicht veröffentlichte Urteil mitgeteilt: Die Sache laufe für Slowenien gut; 75 Prozent der Bucht von Piran würden Slowenien zugesprochen. Damit erhielte das kleine Land Zugang zu internationalen Gewässern. Die kroatische Regierung reagierte wütend und kündigte an, das Schiedsgericht zu verlassen. Slowenien räumte die Indiskretion ein, tauschte den Schiedsrichter aus und entließ auch die Ministerialbeamtin, sieht aber keinen Grund für die Auflösung des Schiedsgerichts. Kroatien könne nach internationalem Recht das Verfahren nicht einseitig beenden, so ein slowenischer Regierungssprecher.

Der Grenzstreit, für den eine Lösung jetzt ungewisser ist als zuvor, ist eine Altlast aus jugoslawischer Zeit. Im gemeinsamen Staat hatten die inneren Grenzen kaum Bedeutung. Erst als nach dem Zerfall Jugoslawiens 1991 die sechs Teilrepubliken souveräne Staaten wurden, trat das Konfliktpotenzial der nicht klar geregelten Grenzverläufe zutage. Kroatien hat bis heute auch mit Serbien und Bosnien-Herzegowina kein Grenzabkommen geschlossen, aber nur mit Slowenien entwickelte sich daraus ein Konflikt. Für das kleine Land geht es nicht nur um Fischereirechte, sondern auch um einen offenen Zugang zum Meer, den Kroatiens Ansprüche blockieren.

(gru)
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