Zagreb Kroatiens "Schokoladenkrieg"

Zagreb · Wegen einer Bonbonschachtel entflammt ein 25 Jahre alter Grenzstreit erneut.

Im alten Jugoslawien haben innere Grenzen kaum eine Rolle gespielt. Aber nach einem blutigen Bruderkrieg Anfang der 1990er Jahre wurden aus Teilrepubliken unabhängige Staaten, die misstrauisch ihre bis heute teilweise ungeregelten Grenzverläufe bewachen. Geringste Anlässe können zu Nachbarschaftskonflikten führen. Jetzt krönt ein "Schokoladekrieg" den 25 Jahre langen Streit um eine Seegrenze an der nördlichen Adria.

Ausgelöst hat ihn Vesna Terzic, Kroatiens Botschafterin in Slowenien. Sie schickte Diplomaten und Politikern ihres Gastlandes als Weihnachtsgeschenk eine Bonbonniere, deren Deckel die Umrisse Kroatiens schmücken. Die so Beglückten sahen sofort, dass Teile der Bucht von Piran, die Slowenien für sich beansprucht, kroatischem Territorium einverleibt sind. Sie schickten die Süßigkeit umgehend zurück, verpackt in Plastiktüten mit der süffisanten Aufschrift "I feel Slovenia".

In den Medien ist jetzt der Teufel los. Von Provokation und Gebietsraub ist die Rede. Die Stimmung ist aufgeheizt, auch weil Kroatien in den letzten zwei Jahren wieder besonders laut nationalistische Töne angeschlagen hat. Doch Botschafterin Terzic bestreitet jegliche Absicht und spricht von einem Versehen, was auch glaubwürdig ist. Denn die Skizze auf dem Bonbonnieredeckel ist so grob gezeichnet, dass wohl nur Spezialisten einen falschen Verlauf der Seegrenze entdecken können.

Überhaupt scheint Kroatien mit seiner "Schokoladediplomatie" kein Glück beschieden zu sein. Das musste auch Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic kürzlich erfahren, als sie im Rahmen einer Gedenkfeier Kindern Süßigkeiten schenkte. Ein Entrüstungssturm brach los, nachdem Eltern entdeckt hatten, dass die Schokoriegel Importware aus Serbien waren. Der Peinlichkeiten nicht genug: Die Landesmutter hatte ausgerechnet zum 25. Jahrestag der Bombardierung Dubrovniks Naschereien verteilt, die in jenem Land erzeugt wurden.

(gru)
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