Bonn Kundus-Opfer verlieren vor deutschem Gericht

Bonn · Die Opfer des von einem deutschen Oberst 2009 befohlenen Luftangriffs im afghanischen Kundus werden nicht zusätzlich entschädigt: Das Landgericht Bonn hat die Schadenersatz-Klagen zweier Familienangehöriger gegen die Bundesrepublik abgewiesen. Dem Offizier sei kein schuldhafter Verstoß gegen Amtsverpflichtungen nachzuweisen. Der Anwalt der Kläger, der gebürtige Afghane Karim Popal, kündigte an, in die Berufung zu gehen.

In dem Zivilprozess ging es um die sogenannte Amtshaftungsklage: Die Bundesrepublik als Dienstherr von Oberst Georg Klein sollte Schadenersatz leisten, forderten der Vater von zwei mutmaßlich durch die Bomben getöteten Kindern und eine Afghanin, die angeblich ihren Mann und sechs Kinder verloren hatte. Sie verlangten zusammen 90 000 Euro.

Auf Kleins Befehl hatten US-Jagdbomber am 4. September 2009 zwei entführte Tanklaster bombardiert, die sich an einem Ufer festgefahren hatten. Klein wollte hohe Taliban-Führer ausschalten; um die Fahrzeuge herum standen aber Bewohner eines nahen Dorfes. Die Islamisten hatten sie aufgefordert, Benzin abzuzapfen, weil sie die Tankwagen leichter machen wollten. 91 Todesopfer gelten als sicher, verschiedene Quellen sprechen von bis zu 142 Toten.

Nach Erkenntnissen des Bonner Gerichts hatte sich Klein bei einem Informanten der Bundeswehr vor Ort siebenmal rückversichert, dass dort Taliban und keine Zivilisten seien. Der Angriff habe also klar einem militärischen Ziel gegolten.

Die Bundesrepublik, vertreten durch das Verteidigungsministerium, hatte die Bonner Klage als unzulässig eingestuft und war nicht zu einer außergerichtlichen Einigung bereit – wohl auch deshalb, weil 90 afghanische Familien bereits als freiwillige Wiedergutmachung rund 350 000 Euro erhalten hatten.

Der Kundus-Angriff hatte auch die Bundesregierung erheblich unter Druck gebracht, unter anderem musste Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU), gerade in das Amt des Bundesarbeitsministers gewechselt, am 27. November 2009 zurücktreten. Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert wurden entlassen.

(RP)
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