L'aquila L'Aquilas schwere Wiedergeburt aus Ruinen

L'aquila · Fünf Jahre lang lag das Zentrum der 2009 vom Erdbeben zerstörten italienischen Stadt in Trümmern.

Ausgerechnet Pierluigi Massari sagt, man fühle sich jetzt sehr einsam in L'Aquila. Massari ist 45 Jahre alt und einer der Besitzer des "Ju Boss", der Kult-Kneipe der italienischen Stadt in der Berg-Region Abruzzen. Als hier alles noch in Trümmern lag kurz nach dem Erdbeben im April 2009, da machte "Ju Boss" schon wieder auf. Hunderte strömten zur Wiedereröffnung in die Bar im völlig zerstörten Stadtzentrum, nur acht Monate waren da seit dem Erdbeben vergangen. Bis heute ist das Lokal mit seinen schweren Holztischen eine Art Ersatz für das, was immer noch fehlt in L'Aquila, das Leben. "Unser Alltag hat sich sehr verändert, das hat man am Anfang gar nicht so gespürt", erzählt Massari.

Der Anfang, das war eigentlich das Ende. In der Nacht zum 6. April 2009 bebte die Erde unter L'Aquila. Das Erdbeben begrub die Stadt, viele Dörfer und 308 Menschen. "Noch heute fehlen die Bezugspunkte", meint Massari. "Das nächtliche Stimmengewirr in den Gassen der Altstadt zum Beispiel, Begegnungen ohne das Handy zu benutzen." Weil L'Aquila mit seinen 99 Kirchen eigentlich ein sehr überschaubares, gemütliches und schönes Zentrum war. Nachts ist es immer noch totenstill. Tagsüber herrscht jetzt der Lärm. Endlich, sagen manche.

Denn fünf Jahre hat es gedauert, bis der Wiederaufbau auch das marode Stadtzentrum erreicht hat. Die Soldaten, die die Sperrzone überwachten, sind seit ein paar Tagen weg. Überall ragen nun Kräne in den Himmel, die vor ein paar Monaten nur neben den Kirchtürmen aufgestellt waren. Auf 300 Baustellen wird in der historischen Altstadt nun gewerkelt, 1500 sind es in der näheren Umgebung. Nach langem Streit, Verzögerungen, Fällen von Korruption und Misswirtschaft ziehen die Beteiligten, Stadt, Region und Regierung, nun offenbar an einem Strang. Die Wiederaufbau-Maschinerie ist in Betrieb. Zwölf Milliarden Euro wurden insgesamt schon ausgegeben, vor allem für die Sicherung der Ruinen und die provisorischen Unterkünfte.

Erst seit 2013 fließt das Geld für den Aufbau. Jetzt haben 1400 Firmen zu tun, in der Peripherie sind 45 000 Menschen wieder in ihre Wohnungen zurückgekehrt. Irgendwann sollen dann auch die 25 000 Einwohner der Altstadt in ihre Wohnungen zurück dürfen, von denen die meisten in den 19 für viel Geld aus dem Boden gestampften "New Towns" untergekommen sind. Dann hätten die insgesamt 70 000 Menschen, die durch das Erdbeben obdachlos wurden, wieder ein Zuhause. Doch nicht wenige haben L'Aquila den Rücken gekehrt. Über 4000 Menschen sind weggezogen. Die Arbeitslosigkeit ist gestiegen.

In vier Jahren, so sagt die Stadtverwaltung, sei auch das Zentrum wieder aufgebaut. Zehn Jahre würde es noch dauern, sagen andere. "Ich bin mir sicher, dass L'Aquila in 20 Jahren wieder die schönste Stadt Italiens sein wird", sagt Pierluigi Massari. "Allerdings hätte es wirklich auch schneller gehen können."

(RP)
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