London Labour kämpft für den weichen Brexit

London · Jeremy Corbyn stellt sich mit dem neuen Kurs seiner Partei gegen Premierministerin Theresa May, die prompt kontert.

Nach Monaten des Lavierens geht die britische Labour-Partei endlich in die Opposition zum harten Brexit. Labour-Chef Jeremy Corbyn erklärte gestern in einer Rede, dass er eine Zollunion mit der EU anstrebt. Damit stellt Corbyn sich erstmals offen gegen Premierministerin Theresa May, die einen britischen Verbleib im Binnenmarkt oder in der Zollunion kategorisch ausschließt und einen harten Schnitt mit der EU will.

Nach Corbyns Festlegung gibt es jetzt im Parlament eine Mehrheit für einen weichen Brexit, denn eine Reihe von Abgeordneten der Konservativen haben schon erklärt, gemeinsam mit der Opposition für eine Zollunion stimmen zu wollen. Das könnte entweder die Premierministerin zu Fall bringen oder eine Richtungsänderung der Regierung erzwingen. Labour beabsichtigt, sagte Corbyn, "eine neue umfassende Zollunion zwischen Großbritannien und der EU zu verhandeln, um sicherzustellen, dass es keine Zölle mit Europa gibt und es zu keiner harten Grenze in Nordirland kommt." Eine Zollunion erlaubt ihren Mitgliedern den zollfreien Handel innerhalb der Union und erhebt einen gemeinsamen Außentarif für Waren, die aus Drittländern importiert werden. Corbyn forderte allerdings hier ein britisches Mitspracherecht, wenn künftige Freihandelsabkommen zur Verhandlung stehen. "Ich appelliere an die Abgeordneten aller Parteien", rief der Labour-Chef, "denen das Interesse des Volkes wichtiger ist als ideologische Fantasien, uns bei der Option einer neuen Zollunion mit der EU zu unterstützen." Kurz nach seiner Rede kam allerdings postwendend die Antwort aus der Downing Street. Theresa Mays Sprecher bekräftigte, dass die Regierung keinesfalls einen Verbleib in der Zollunion anstrebt.

Damit ist eine Situation geschaffen, in der Theresa May jetzt zwischen alle Stühle gerät. Auf der einen Seite macht Labour gemeinsame Sache mit den Europafreunden unter den Konservativen und wird versuchen, spätestens im Mai, wenn das neue Handelsgesetz zur Abstimmung kommt, einen Zusatz zur Zollunion durchs Haus zu bringen. Auf der anderen Seite sieht sie sich mit den Brexit-Hardlinern in ihrer eigenen Fraktion konfrontiert, die eine Aufweichung ihrer bisher harten Position rigoros ablehnen. Sollte die Premierministerin einlenken, so deren Drohung, würde man sie stürzen. Vorerst wird May bei ihrer Position bleiben. Am Freitag will sie eine Grundsatzrede über die künftige Handelsbeziehung zur EU halten.

(RP)
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