Düsseldorf Landeselternschaft kritisiert Umfragen zu Turbo-Abi

Düsseldorf · Einigkeit in Sachen G8/G9 (acht- oder neunjähriges Gymnasium) herrscht bei der Landeselternschaft (LE) auch nach der Frühjahrs-Mitgliederversammlung am Wochenende nicht. "Bei 480 bis 500 Mitgliedsgymnasien sind das rund eine Millionen Erziehungsberechtigte. Da eine einheitliche Richtung zu finden, ist unmöglich", sagt Ulrich Czygan, der am Samstag in seinem Amt als Vorsitzender von einer großen Mehrheit bestätigt wurde.

Im Jahr 2005 wurde in NRW das Abitur nach acht Jahren eingeführt. Das rief Proteste von Eltern und Schülern hervor. Seitdem kocht das Thema immer wieder hoch.

Auch Czygan kann und will sich beim Thema G8/G9 nicht festlegen. "Ich trete in erster Linie dafür ein, dass alle Eltern Gehör finden", sagt der Vorsitzende. Dennoch halte er Umfrageergebnisse, die belegen sollen, dass rund 80 Prozent der Eltern zurück zu G9 wollen, für wenig realitätsnah. "Wenn ich sehe, dass in solchen Umfragen auch Rentner befragt werden, die natürlich zum Querschnitt der Gesellschaft gehören, aber doch nur wenig mit der aktuellen Schulsituation zu tun haben, dann frage ich mich, wie aussagekräftig solche Umfragen sind." Auch wüssten viele Eltern nicht, was alles mit dem Thema G8/G9 zusammenhängt. "Können sie auch gar nicht, denn dieses Thema ist hochkomplex", sagt Czygan. Aus diesem Grund sei es notwendig, ein Papier zu verfassen, um alle Eltern auf einen Informationsstand zu bringen. Erst dann könnten diese fundiert abstimmen. Das werde man in der nächsten Sitzung besprechen.

Eine pauschale Entscheidung zu treffen, sei generell schwierig, da es eben von vielen Faktoren abhänge, ob G8 funktioniert oder nicht. "Es gibt Schulen, da wurde die Stundenzeit von 45 auf 60 Minuten hochgesetzt. Damit kann im Unterricht mehr Stoff gelehrt werden und die Kinder müssen auch nicht bis zum späten Nachmittag in der Schule sitzen", sagt der Vater von sechs Kindern. Andersherum gebe es Schulen, die mit Stadtschulamt, Eltern und Lehrern einig sind, zu G9 zurück zu wollen. Auch das halte Czygan nicht grundsätzlich für falsch.

Ein großes Problem sieht die LE darin, dass zu viel Unterricht ausfällt und nicht adäquat ersetzt wird. "Rechnet man das hoch, kommt man im Laufe einer neunjährigen Schülerkarriere auf ein dreiviertel Jahr Schulausfall, da sind wir auch bei fast acht Jahren Lernzeit."

Das Wichtigste sei aber, die Beschlüsse vom runden Tisch, also unter anderem Hausaufgaben begrenzen oder Lernzeiten zu entwickeln, so schnell wie möglich umzusetzen. In knapp einem Jahr könne man sehen, wie der Stand ist. Czygan hofft, dass das Thema G8/G9 geklärt werden kann, bevor es zum Wahlkampfthema wird. Eventuell könne eine Wahlfreiheit für einzelne Schulen die Debatte beenden.

(RP)
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