Düsseldorf Lebhafte Debatte um Russlands künftige Rolle in Europa

Düsseldorf · Ukraine-Krise, westliche Sanktionen und russisches Säbelrasseln - das Verhältnis zwischen Russland und der EU ist so angespannt wie zur Zeit des Kalten Kriegs. Im Kreml stehen anti-westliche Parolen hoch im Kurs, es wird eine stärkere Hinwendung zu Asien propagiert. Wie tief geht der Riss wirklich, wie groß ist die Entfremdung? Fragen, die bei einer von der Rheinischen Post gemeinsam mit der Gerda-Henkel-Stiftung (GHS) organisierten Veranstaltung lebhaft diskutiert wurden.

Für Günter Verheugen, das ehemalige Mitglied der Europäischen Kommission, gehört Russland ganz klar zu Europa: "Da wollen sie sein und müssen sie sein." Denn Europa sei mehr als die EU. Klaus-Helge Donath, unserer Korrespondent in Moskau, stimmte zu, berichtete aber auch von beträchtlichen Unterschieden zwischen Russland und den meisten europäischen Staaten etwa bei Moralvorstellungen: "Gerade Homosexualität gilt in Russland als Sinnbild des verkommenen Westens." Dieses Bild werde von den staatlich kontrollierten Medien verbreitet und politisch instrumentalisiert. Zudem sei Freiheit für Russen keine maßgebende Kategorie, seit die Zivilgesellschaft immer weiter an den Rand gedrängt werde.

Auch Manfred Hildermeier, Professor für Osteuropäische Geschichte an der Uni Göttingen, sieht die Tendenz zu einem starken, autoritären Staat. Allerdings warnte er davor, Putin zu dämonisieren: "Ein neuer Hitler ist er nicht." Verheugen erzählte, dass Putin ihm eindringlich deutlich gemacht habe, wie wichtig ihm der Schutz russischer Minderheiten in anderen Ländern sei. "Das müssen wir sehr, sehr ernst nehmen", warnte Verheugen.

Wann wird in Russland wieder ein liberalerer Wind wehen? Wohl erst, wenn Putin nicht mehr da ist - darin waren sich die Experten einig.

(joh)
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