Persönlich Lech Walesa . . . war Agent für Polens Stasi

Er steht für den Wandel seines Heimatlandes und gerät nun massiv in Bedrängnis: Polens antikommunistischer Freiheitsheld Lech Walesa ist endgültig unter Stasi-Verdacht. Das Institut für Nationales Gedenken (IPN), vergleichbar mit der deutschen Stasi-Unterlagenbehörde, ist sich sicher: Der ehemalige Anführer der Oppositionsbewegung Solidarnosc war von 1970 bis 1976 unter dem Decknamen "Bolek" als Informeller Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes SB registriert. Er hat Kollegen denunziert und dafür Geld erhalten.

Mitarbeiter des IPN hatten vor einem Jahr im Haus des Generals Czeslaw Kiszczak ein Aktenpaket zur Tätigkeit des "IM Bolek" gefunden. Diverse Papiere tragen laut Experten Walesas Originalunterschrift. Hinweise auf eine Fälschung gebe es nicht. Kiszczak war ein enger Vertrauter des kommunistischen Kriegsrechtsgenerals Wojciech Jaruzelski. 1989 leitete er auf Regierungsseite die berühmten Rundtisch-Gespräche mit der Oppositionsbewegung Solidarnosc. Nun steht der Vorwurf im Raum, Walesa sei 1989 erpressbar gewesen und von den Kommunisten zu "faulen Kompromissen" gezwungen worden.

Walesa spricht von einer politisch motivierten Hetzjagd. Den Vorwurf, aktiv als Stasi-Spitzel gearbeitet zu haben, bestreitet er seit Jahren. "Das sind alles Lügen", sagte er. Der Friedensnobelpreisträger von 1983, der sich gern mit den anderen Helden des späten 20. Jahrhunderts zeigte, vom verstorbenen polnischen Papst Johannes Paul II. bis zum ehemaligen Sowjetführer Michail Gorbatschow, hat noch immer einen Ruf zu verlieren - auch wenn eine große Mehrheit der Polen inzwischen an eine Spitzeltätigkeit des einstigen Solidarnosc-Führers glaubt. Auch auf seiner Familie lastet der Druck. Anfang des Jahres hatte der mutmaßliche Drogentod seines Sohnes in Danzig Schlagzeilen gemacht. Walesa und seine Frau Danuta haben acht Kinder.

Ulrich Krökel

(RP)
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