Brüssel Letzte Frist für Athen endet Sonntag

Brüssel · Tsipras legte keine Reformpläne vor, fordert aber Geld vom Rettungsschirm. Bei einem EU-Gipfel am Sonntag soll nun die endgültige Entscheidung über Griechenlands Schicksal fallen.

Bei ihrem Sondergipfel gestern Abend haben die Staats- und Regierungschefs der Euro-Staaten Griechenland eine letzte Frist gesetzt. Für einen Kompromiss blieben nur noch fünf Tage Zeit, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk. Am Sonntag soll bei einem weiteren Sondergipfel eine endgültige Entscheidung über Griechenlands Schicksal fallen, erklärte auch Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi. Laut Bundeskanzlerin Angela Merkel erwarten die Euro-Staaten neue Sparvorschläge Griechenlands schon bis Donnerstag. Zur Enttäuschung der anderen Euro-Staaten hatte Griechenland in Brüssel gestern keine neuen Reformvorschläge vorgelegt.

Athen will zunächst rasch einen neuen Antrag auf Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM stellen. Die Anfrage soll heute von den Euro-Finanzministern beraten werden. Vor der Sitzung hatten die Minister klargemacht, dass nur neue Vorschläge aus Athen zu weiteren Verhandlungen führen könnten - andernfalls könne auch die Europäische Zentralbank (EZB) den griechischen Banken nicht mehr helfen. Diese erklärte sich erstmals bereit, Überbrückungskredite zu geben.

Unmittelbar vor dem Sondergipfel sprach Kanzlerin Angela Merkel erneut mit dem griechischen Premier Tsipras. Am Sonntag hatten die Griechen mit klarer Mehrheit die Sparvorschläge der Geldgeber abgelehnt. Merkel kritisierte vor Beginn des Gipfels, sie könne sich immer noch "kein abschließendes Bild" machen, "obwohl es nicht mehr um einige Wochen geht, sondern nur um einige Tage". So lange dürfte das Bargeld in Griechenland noch reichen. Am 20. Juli muss Athen 3,5 Milliarden Euro an die EZB zahlen, um fällige Staatsanleihen zu tilgen.

Zum ersten Mal seit Beginn der Griechenland-Krise 2010 war gestern der Euro-Austritt des Landes ("Grexit") offiziell Thema in Brüssel. "Wenn das Vertrauen nicht mit einem glaubwürdigen Reformpaket wiederhergestellt wird, kann er nicht ausgeschlossen werden", sagte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis aus Lettland. EU-Kommission und Frankreich wollen Athen unbedingt in der Euro-Zone halten.

Um Druck auf Europa zu machen, telefonierte Tsipras erneut mit US-Präsident Barack Obama. Dabei habe Tsipras Obama erklärt, dass Athen einen "Überbrückungskredit" von seinen Geldgebern wünsche, bis eine Lösung des Problems erreicht sei, hieß es in Athen.

Die Lage in Griechenland wird immer prekärer. Eine Öffnung der Banken ist nicht in Sicht. Nun drohten Hungeraufstände in den Flüchtlingslagern auf den Inseln. "Die Programme zur Versorgung mit Essen sind ausgelaufen. Es könnte zu Revolten kommen", warnte die griechische Vize-Ministerin für Migrationspolitik, Tasia Christofilopoulou.

Am Montag hatten sich die Vorsitzenden der demokratischen Parteien Griechenlands auf eine gemeinsame Erklärung geeinigt. Die liest sich moderater als die bisherige Regierungslinie. Das gilt auch für die umstrittene Forderung nach einem Schuldenschnitt. Bundesfinanzminister Schäuble lehnte gestern einen Schuldenschnitt erneut ab. Frankreichs Präsident François Hollande stellte dagegen eine Debatte über die griechische Schuldenlast in Aussicht gestellt - allerdings erst nach Reformen.

(RP)
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