Anzeigen gegen Franz-Peter Tebartz-van Elst Limburger Bischof unter Untreueverdacht
Limburg/Berlin · Gegen Franz-Peter Tebartz-van Elst liegen Anzeigen wegen der Kostensteigerung beim Bau des neuen Bischofssitzes vor. Scharfe Kritik übt der Vorsitzende der Bischofskonferenz. Tebartz verteidigt sich.
Der Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, sieht sich nun auch mit dem Vorwurf der Untreue konfrontiert. Die Limburger Staatsanwaltschaft prüft, ob sie ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gegen den 53-Jährigen einleitet. Seit Wochenbeginn seien vier Strafanzeigen im Zusammenhang mit der Kostensteigerung beim Bau der neuen Bischofsresidenz auf dem Limburger Domberg eingegangen, sagte Behördensprecher Hans-Joachim Herrchen: "Die Staatsanwaltschaft prüft nun, ob es einen hinreichend konkreten Anfangsverdacht gibt." In diesem Fall werde ein Verfahren eingeleitet.
Tebartz-van Elst steht seit Monaten wegen der Kostenexplosion beim Bau des "Diözesanen Zentrums St. Nikolaus" in der Kritik. Ursprünglich waren 5,5 Millionen Euro für das Projekt mit Wohn-, Empfangs- und Arbeitsräumen, einer Kapelle, einem Museum und einer Bibliothek veranschlagt worden. Anfang der Woche hatte das Bistum Limburg mitgeteilt, die Gesamtkosten beliefen sich mittlerweile auf 31 Millionen Euro. Die Deutsche Bischofskonferenz hat auf Tebartz' Bitte hin eine Prüfkommission zu dem Vorgang eingesetzt.
Der Bischof selbst zeigte sich in der "Bild"-Zeitung uneinsichtig. Auf die Frage, ob er zurücktreten werde, antwortete Tebartz-van Elst: "Viele Gläubige wissen sehr wohl zu unterscheiden zwischen den Fehlern, die tatsächlich gemacht wurden, und dem, was in den Medien daraus gemacht wird." Er verstehe, dass man angesichts der 31 Millionen Euro erschrecke. Dahinter stünden aber zehn einzelne Projekte. "Man muss viele Details kennen, etwa die Auflagen des Denkmalschutzes", fügte der Limburger Bischof hinzu: "Wer mich kennt, weiß, dass ich keinen pompösen Lebensstil brauche." Er wolle aber "die Verantwortung nicht auf andere schieben".
Erst gestern war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen Tebartz-van Elst Strafbefehl beantragt hatte. Dabei geht es um den Vorwurf der falschen eidesstattlichen Versicherung im Zusammenhang mit einem Flug des Bischofs und seines Generalvikars nach Indien 2012. Tebartz hatte gegenüber Journalisten behauptet, nicht die Erste Klasse, sondern die günstigere Business-Klasse genutzt zu haben, und diese Behauptung vor Gericht geleugnet. Falls das Amtsgericht Hamburg Strafbefehl erlässt und Tebartz-van Elst ihn akzeptiert, gilt der Strafbefehl als rechtskräftiges Urteil. Andernfalls kommt es zu einer Hauptverhandlung.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, kritisierte Tebartz-van Elst gestern scharf. Er sei sicher, dass sich der Bischof "gründlich und mit der notwendigen Selbstkritik mit dieser Entwicklung auseinandersetzt", sagte Zollitsch. Er verfolge den Vorgang "mit großer Sorge". Seines Wissens habe es bislang keinen vergleichbaren Fall gegeben. Der Freiburger Erzbischof will in der nächsten Woche bei einem Besuch in Rom mit Papst Franziskus über Konsequenzen sprechen und Vorschläge zum weiteren Vorgehen machen. "Die Entscheidung liegt dann beim Heiligen Vater", sagte Zollitsch. Tebartz-van Elst hat angekündigt, sich am Wochenende wegen der Vorwürfe in einem Brief an die Gläubigen zu wenden.
Angesichts der Kostensteigerung beim Bau der Bischofsresidenz haben mehrere Gremienvertreter Tebartz' Rücktritt gefordert. Er werde das ihm Mögliche zur Aufklärung beitragen, versprach Zollitsch. "Ich bin von diesen 31 Millionen Euro genauso überrascht wie Sie", sagte er vor Journalisten. Die Vorwürfe gegen Tebartz treffen aus Zollitschs Sicht nicht allein Limburg: "Das ist eine schwere Situation für die katholische Kirche in Deutschland."
Der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke erwartet keine unmittelbare Entscheidung seitens des Papstes: "Franziskus wird nicht kurzfristig gleichsam auf Zuruf einen Bischof zum Rücktritt drängen." Selbst wenn Tebartz den Strafbefehl wegen Falschaussage akzeptiere, sei noch kein kirchenrechtlicher Straftatbestand erfüllt. Er erwarte, dass zunächst die Prüfkommission der Bischöfe ihren Bericht vorlegen werde, sagte Lüdecke: "Je nachdem, wie gravierend der Befund ist, wird der Papst handeln."
Franziskus könne Tebartz dann im Amt lassen und etwa einen Weihbischof mit einzelnen Sondervollmachten ausstatten. Wenn der Papst der Meinung sei, der Bischof solle nicht im Amt bleiben, "kann er ihm zur Gesichtswahrung nachdrücklich zu verstehen geben, er möge von sich aus seinen Rücktritt anbieten, und diesen dann annehmen". Möglich seien dann auch eine Versetzung oder eine einfache Entfernung aus dem Amt. "Dabei muss sich der Papst an keinerlei Rechtsvorschriften halten", sagte Lüdecke, "denn er ist in seinem Handeln völlig souverän."