Berlin Löhne klaffen stärker auseinander

Berlin · Die Einkommen entwickeln sich unterschiedlich: Während die Verdienste der Besserqualifizierten 2014 steigen, stagnieren die Entgelte im Niedriglohnsektor. Die Realeinkommen insgesamt wachsen.

Viele Arbeitnehmer können sich im neuen Jahr über steigende Einkommen freuen, allerdings gilt das nicht für die geringer Qualifizierten: Während die Gehälter der Akademiker, Facharbeiter und vieler Arbeitnehmer in tarifgebundenen Unternehmen deutlich steigen, bleiben die Verdienste im Niedriglohnsektor häufig unverändert.

"Die Einkommensschere zwischen Qualifizierten und Nicht-Qualifizierten wird 2014 noch weiter auseinandergehen", sagt Holger Schäfer, Arbeitsmarkt-Experte am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. "Die Tariflöhne und die Einkommen der Besserqualifizierten werden steigen, die anderen nicht", pflichtet Holger Sandte bei, der Chefökonom der Fondsgesellschaft Nordea ist.

In tarifgebundenen Unternehmen legen die Einkommen nach den Prognosen der Volkswirte 2014 um durchschnittlich drei Prozent zu. Zieht man davon die erwartete Teuerung ab, verbleibt nach den meisten Prognosen ein realer Einkommenszuwachs zwischen einem und 1,5 Prozent gegenüber 2012. Sandte schätzt den Anstieg der verfügbaren Realeinkommen insgesamt auf 1,3 Prozent. Mehr in der Tasche hätten tatsächlich aber nur Beschäftigte mit höheren Qualifikationen oder in den Unternehmen, die nach Tarifvertrag bezahlen.

Die höchsten monatlichen Bruttoverdienste für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer ohne Sonderzahlungen erzielten Angestellte von Banken und Versicherungen mit durchschnittlich 4576 Euro im dritten Quartal 2013, gefolgt von Beschäftigten bei Energieversorgern (4510) und im Bereich Information und Kommunikation (4501).

Am wenigsten verdienten Beschäftigte im Gastgewerbe mit nur 2012 Euro. Im produzierenden Gewerbe wurde mit durchschnittlich 3566 Euro pro Monat mehr verdient als im Dienstleistungssektor (3399 Euro). Im Handel gab es 3195 Euro, im Verkehrsbereich 2888 Euro. Mehr bekamen auch Beschäftigte in der öffentlichen Verwaltung. Lehrer verdienten im Schnitt 4058 Euro, Beschäftigte im Gesundheitswesen 3419 Euro.

"Die wachsende Einkommensschere hat viel mit dem Wandel hin zu Dienstleistungen, mit neuen Beschäftigungsformen wie Leih- und Zeitarbeit zu tun", erläutert Sandte. "Auch sinkt der Anteil derer, die nach Tarifvertrag bezahlt werden, seit vielen Jahren." Im Westen Deutschlands waren es 2012 noch 60 Prozent der Beschäftigten, im Osten nur noch knapp 50 Prozent. Zudem würden Tarifvereinbarungen seltener als früher für allgemein verbindlich erklärt. "Auch wenn die Gewerkschaften dagegen angehen, die SPD nun mitregiert und die große Koalition einen allgemeinen Mindestlohn einführen will — die Tendenz der Lohnspaltung dürfte wohl 2014 noch nicht drehen", so Sandte.

Die Stagnation bei den Löhnen in vielen nicht tarifgebundenen Unternehmen wirkte sich im vergangenen Jahr dämpfend auf die Realeinkommensentwicklung insgesamt aus: In den ersten drei Quartalen des Jahres waren die Realeinkommen gegenüber dem Vorjahr sogar gesunken, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Allein im dritten Vierteljahr 2013 sanken die Realeinkünfte um 0,3 Prozent. Ein Vollzeitbeschäftigter verdiente im Schnitt ohne Sonderzahlungen 3462 Euro brutto im Monat.

Für einen Anstieg der Realeinkommen im laufenden Jahr sorgen vor allem die höheren Tarifabschlüsse. "Die Realeinkommen werden deshalb erstmals wieder steigen", sagt Deutschland-Experte Eckart Tuchtfeldt von der Commerzbank. Für gut qualifizierte Arbeitnehmer vor allem in der Industrie würden die Verdienstmöglichkeiten auch in den kommenden Jahren immer besser, wenn die Konjunktur stabil bleibe. "Da die Unternehmen zunehmend Fachkräfte suchen, gewinnen diese an Verhandlungsmacht", betont auch Schäfer.

(mar)
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