Düsseldorf Mängel in der Pflege-Ausbildung

Düsseldorf · Die Fachseminare für Altenpflege kritisieren den geringen Landeszuschuss. Eine hochwertige Ausbildung sei so nicht mehr möglich. Gesetzliche Standards zur Qualitätssicherung fehlen bislang. Einige schwarze Schafe machen sich das zunutze.

Düsseldorf: Mängel in der Pflege-Ausbildung
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Für eine menschenwürdige Pflege im Alter braucht Nordrhein-Westfalen in Zeiten des demografischen Wandels gut ausgebildete Pflegefachkräfte. Doch schon in deren Ausbildung leidet die Qualität. Die Ursachen dafür liegen in der Struktur und Finanzierung der schulischen Ausbildung. Nach Angaben der Fachseminare für Altenpflege fehlt das Geld: Pro Schüler erhalten die Fachseminare seit Kurzem gesetzlich verbindlich 280 Euro pro Monat vom Land. Um eine hochwertige Ausbildung garantieren zu können, benötigten sie nach eigenen Angaben aber 360 Euro. Bis 2006 zahlte das Land noch einen Zuschuss von 317 Euro. "Die Ausbildung in der Altenpflege boomt in NRW wie in keinem anderen Bundesland", sagt Landesgesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne).

Freie Stellen in der Pflege werden zu 31 Prozent wegen fehlender Fachkenntnis und zu 37 Prozent wegen mangelnder personeller Eignung nicht besetzt. Mehr als jede dritte stationäre Einrichtung nahm Kündigungen in der Probezeit vor. Das stellt das Gesundheitsministerium in seiner Landesberichterstattung Gesundheitsberufe für das Jahr 2013 fest.

In Nordrhein-Westfalen sind rund 548 000 Menschen pflegebedürftig, bis 2050 wird sich die Zahl verdoppeln. 390 000 Pflegebedürftige werden zu Hause betreut, zwei Drittel davon durch Angehörige, die anderen mit Unterstützung ambulanter Pflegedienste.

2002 wurden vom Land Strukturstandards für die Altenpflege-Ausbildung festgelegt - und direkt wieder ausgesetzt. Offenbar aus guten Grund: "Das können wir mit dieser Finanzierung nicht leisten", sagt Marion Kowe, Leiterin des Fachseminars des Bonner Vereins für Pflege- und Gesundheitsberufe. "Das bringt die Qualität der Ausbildung in Gefahr", bestätigt Wolfgang Dargel, Geschäftsbereichsleitung des Caritas-Bildungswerks Ahaus.

Nur mit zusätzlicher Unterstützung durch die Träger könne eine hohe Qualität gewährleistet werden, sagt Inge Vormann, Schulleiterin des evangelischen Fachseminars für Altenpflege im Johanneswerk in Bielefeld: "Das darf man für 280 Euro nicht erwarten." Für Thomas Kutschke, Landesvorsitzender des Bundesverbandes Lehrende Gesundheits- und Sozialberufe, ist die schulische Ausbildung "ganz klar eine staatliche Aufgabe".

Dem Betrag von 280 Euro liegt nach Erkenntnis des NRW-Gesundheitsministeriums keine konkrete Berechnung zugrunde. "Die 280 Euro wurden im Jahr 2006 seitens der damaligen CDU/FDP-Landesregierung festgesetzt", sagt eine Sprecherin. Einige schwarze Schafe machen sich die fehlenden Standards zunutze, indem sie an der Qualität sparen. Das Verhältnis von hauptamtlichen Lehrern zur Schülerzahl ist nicht vorgeschrieben. "Ein Dozent musste zwischen drei Klassen mit jeweils rund 20 Schülern wechseln", sagt eine ehemalige Schülerin, die namentlich nicht genannt werden möchte. Dem Ministerium ist derzeit ein Fall bekannt, "bei dem die staatliche Anerkennung aufgrund fehlender Personalausstattung zurückgenommen wurde".

Schüler und Lehrkräfte berichten von Seminaren, an denen viel Unterricht ausfalle und der Anteil eigenverantwortlicher Arbeit hoch sei. Kutschke fordert verbindliche Standards: "Die brauchen wir, damit schwarze Schafe nicht die Ausbildung kaputtmachen."

Auch Fachseminare, die größtmögliche Qualität durchsetzen wollen, stoßen an ihre Grenzen. Eine über den regulären Unterricht hinausgehende Förderung könne nicht angeboten werden, erklärt Kowe. Doch genau das wäre nötig: Im Jahr 2009 hat der Bund die Zulassungsvoraussetzungen auf den Hauptschulabschluss gesenkt. Da die Landesförderung von den Schülerzahlen abhängig ist, werden Schüler durchgeschleust, die nicht die nötige Qualifikation besitzen. Das bestätigt eine Lehrerin aus Nordrhein-Westfalen, die ebenfalls nicht namentlich genannt werden will. Schüler hätten Menschen mit einer gerontopsychischen Erkrankung wie etwa Altersdepression als "Irre" bezeichnet.

Landeseinheitliche Qualitätsstandards für die Altenpflegeausbildung seien sinnvoll, um eine hochwertige Durchführung der Altenpflegeausbildung sicherzustellen, erklärt die Sprecherin des Gesundheitsministeriums. Im Jahr 2015 sollen verbindliche Qualitätsstandards entwickelt werden. Die Regierung soll im Auftrag des Landtages prüfen, wie die finanzielle Ausstattung angepasst werden kann. Trägerverbände hätten aber auch Eigenmittel zur Finanzierung der Schulkosten eingesetzt.

(RP)
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