Persönlich Mario Draghi ... wird von Merkel gerügt

In Zeiten der Euro-Krise ist der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) der mächtigste Mann in Europa. Daher horchte die Welt auf, als Mario Draghi jüngst auf der Notenbanker-Tagung im amerikanischen Jackson Hole "eine größere Rolle der Fiskalpolitik" in Europa, also staatliche Investitionsprogramme, einforderte. "Die Flexibilität der Regeln könnte besser ausgenutzt werden, um die Konjunkturschwäche zu bekämpfen", hatte Draghi gesagt.

Umgehend keimte in den Krisenstaaten die Hoffnung auf, dass die Euro-Retter jetzt ihre Sparvorgaben lockern. Doch Angela Merkel ist die mächtigste Frau in Europa - und sie beharrt auf harten Reformen, da nur so der Euro langfristig überleben kann. Deshalb stellte die Kanzlerin Draghi in einem Telefonat zur Rede. Sie wollte laut "Spiegel" wissen, ob die EZB für eine Abkehr von der Sparpolitik ist. Zwar kann die Kanzlerin der Zentralbank nichts vorschreiben. Doch indem sie das Telefonat und Draghis Antwort durchsickern ließ, übt sie geschickt öffentlichen Druck aus. Der 66-Jährige beteuerte, natürlich habe er auch weitere Reformen in den Krisenstaaten gefordert und versicherte dies ebenfalls dem Finanzminister. Eins zu null für Merkel.

Dabei gehört Draghi zu den wenigen, vor denen die Kanzlerin Hochachtung hat. Regelmäßig tauschen die beiden sich aus. Draghi, der als Sohn eines römischen Notenbankers geboren wurde, gilt als hochintelligent und vom Leben gehärtet: mit 15 Jahren Vollwaise, Jesuiten-Schüler, Ökonomie-Professor in Harvard, Investmentbanker bei Goldman Sachs. Als EZB-Präsident rettete er im Sommer 2012 den Euro vor dem Zerfall. Wenn er aber nun den Krisen-Staaten erlaubt, ihren Sparkurs zu stoppen, würde er alte Ängste schüren, dass er, der Italiener, doch der falsche Mann an der Spitze der EZB ist. Womöglich hat Merkel ihm das in ihrem Telefonat auch zu verstehen gegeben.

(RP)
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