Kampfpanzer werden ins Krisengebiet verlegt Mazedonien: Albaner beschießen deutsche Soldaten

Berlin/Tetovo (rpo). Die in Mazedonien stationierten Bundeswehrsoldaten geraten nun offenbar zwischen die Fronten. Nachdem bereits seit Tagen Kämpfe zwischen mazedonischer Armee und albanischen Rebellen stattfinden, sind am Freitag Bundeswehrsoldaten beim Kampf um die Stadt Tetovo beschossen worden.

Bundesaußenminister Joschka Fischer änderte kurzfristig sein Besuchsprogramm in Mazedonien ab und besuchte am Abend von Skopje aus Tetovo, wo sich ein Nachschub- Regiment der Bundeswehr eine Kaserne mit einheimischen Soldaten teilt. Verteidigungsminister Rudolf Scharping kündigte die Verstärkung des deutschen Kontingents mit Panzern und leichten Waffen aus dem Kosovo an. 200 der 1200 Bundeswehr-Soldaten in Tetovo seien abgezogen worden, weil sie vor Ort nicht genügend geschützt gewesen seien, sagte Scharping in der ZDF-Sendung "heute".

Scharping schätzte das Risiko, dass die Bundeswehr in die Kämpfe hineingezogen werden könnte, als "nicht sonderlich groß" ein. Es müsse aber alles zum Schutz der eigenen Männer getan werden. "Wir lassen uns von niemandem auf der Nase herumtanzen, auch nicht von albanischen Terroristen." Generalinspekteur Harald Kujat werde sich an diesem Samstag vor Ort in Tetovo über die Lage informieren. Balkan: Größter Einsatz von Bundeswehrsoldaten Fischer: Gewalt kein Mittel der Politik Ausgangssperre für Bundeswehrsoldaten NATO-Chef: Gewalt scharf verurteilt Gefechte im mazedonischen Grenzgebiet

Außenminister Fischer verurteilte in Skopje, wo er der mazedonischen Regierung einen Kurzbesuch abstattete, den Beschuss der Kaserne in Tetovo scharf. "Ein Angriff auf diese Soldaten, deren Einsatz im Interesse des Friedens ist, ist überhaupt nicht zu akzeptieren", sagte er. "Von Anfang an haben wir die demokratische und friedliche Entwicklung in Mazedonien unterstützt, und diese Entwicklung darf durch Extremismus und Gewalt nicht in Frage gestellt werden." Es wäre von den Albanern "töricht, sich die Sympathien Europas und der Weltöffentlichkeit zu verscherzen".

Bundeswehr nicht in Kampfhandlungen verwickelt

Hauptmann Arne Pollei, der Sprecher des deutschen KFOR-Kontingents in Tetovo, präzisierte, Bundeswehr-Soldaten seien nicht in die Kampfhandlungen verwickelt gewesen und auch nicht zu Schaden gekommen. "Die Kampfhandlungen haben sich bis in die Nähe der Kaserne hingezogen", sagte Pollei am Abend der dpa. Die Sicherheitsmaßnahmen würden weiter verstärkt. "In der Stadt sind vereinzelt Bürger unterwegs, die Waffen tragen, aber nicht koordiniert vorgehen."

Den ganzen Tag über hielten Gefechte mit den albanischen Extremisten an, die sich seit drei Tagen auf dem Burgberg über Tetovo verschanzt haben. In der Innenstadt von Tetovo schlugen am Nachmittag zwei Granaten ein. Nach offiziellen Angaben wurden dabei fünf Zivilisten verletzt.

Die heftigen Kämpfe um Tetovo haben die Angst vor einem neuen Krieg auf dem Balkan verstärkt. Während mazedonische Truppen mit schweren Waffen gegen Stellungen der albanischen "Nationalen Befreiungsarmee" (UCK) vorgingen, tagte das Parlament in Skopje in einer Krisensitzung. NATO-Generalsekretär George Robertson bezeichnete die Lage in der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik als ernst und gefährlich. Mit einem Einsatz der NATO in Mazedonien rechnete Robertson vorerst jedoch nicht: "Wir haben kein Mandat dafür. Außerdem hat die mazedonische Regierung dies nicht beantragt." Die NATO werde die territoriale Integrität Mazedoniens aber garantieren.

In Berlin bot die Bundesregierung ihre Unterstützung für die Stabilisierung in Mazedonien an. Die Reise von Fischer nach Mazedonien zeige, wie ernst die deutsche Regierung die Lage sehe, sagte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye. Er wies Spekulationen zurück, dass Mazedonien Deutschland um Waffen gebeten habe.

(RPO Archiv)
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