Berlin Merkel fordert Muslime zur Ablehnung des Islamismus auf

Berlin · Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in ihrer Regierungserklärung zu den Anschlägen von Paris zur Verteidigung der demokratischen Werte aufgerufen. "Freiheit und Toleranz sind ihre eigenen Totengräber, wenn sie sich nicht gegen Intoleranz stellen", sagte Merkel.

Der Bundestag hatte infolge der Anschläge seine Tagesordnung geändert. Die Abgeordneten gedachten der Opfer und debattierten nach Merkels Regierungserklärung über die Situation der Muslime in Deutschland und die Sicherheitslage.

An die Muslime hierzulande sendete die Kanzlerin eine doppelte Botschaft. Sie nahm die Muslime gegen einen "Generalverdacht" in Schutz, rief die Geistlichen aber zu mehr Mitarbeit auf. Die Frage, warum sich Terroristen auf den Islam beriefen, sei dringlich, sagte Merkel. Die Ansicht der Terroristen, anstelle Gottes "handeln, strafen und töten" zu dürfen, sei "Gotteslästerung", sagte die Kanzlerin.

Zuvor war auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) auf den Zusammenhang zwischen Glaube und Gewalt eingegangen. Zu behaupten, dass der religiös begründete Islam mit dem Islamismus nicht zu tun habe, sei nicht richtig, sagte er. Lammert verwies auch auf frühere Gewalttaten im Namen des Christentums wie Kreuzzüge, Hexenverbrennungen und Inquisition. "Die Zusammenhänge sind offensichtlich", sagte er.

Der Grundton von Merkels Rede war offen gegenüber den in Deutschland lebenden Muslimen. Erneut machte sie sich den Islam-Satz des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff zu eigen. Sie zitierte ihn noch einmal in vollem Zusammenhang: "Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland." Für dieses Zitat bekam die Kanzlerin starken Applaus von SPD, Grünen und Linken. In den Reihen der Union rührten sich nur wenige Hände. Als Wulff den Satz 2010 das erste Mal sagte, löste die Frage, was er zu bedeuten hat, eine große Debatte aus. Er wurde damals wie heute insbesondere in der Union kritisiert.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann solidarisierte sich offen mit den Muslimen in Deutschland. Die Muslime hätten es schwer, sagte Oppermann: "Ihr Glaube wird nur noch mit der hässlichen Fratze des Terrors wahrgenommen." Er warnte, dies könne zu einer Eskalation der Gewalt führen. "Deshalb müssen wir uns vor die Muslime stellen."

(qua)
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