Brüssel Merkel kritisiert Flüchtlingsverteilung

Brüssel · Beim EU-Gipfel fordert die Kanzlerin mehr Solidarität von den Osteuropäern.

Im Streit über die europäische Asylpolitik beharrt Deutschland darauf, dass im Krisenfall alle EU-Staaten Flüchtlinge aufnehmen. Es gehe in Europa nicht nur um den Schutz der Außengrenzen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern zum Auftakt des EU-Gipfels in Brüssel: "Wir brauchen auch Solidarität nach innen." Damit ging sie auf Distanz zur Politik in Ländern wie Polen, Ungarn und Tschechien, die eine Pflicht zur Aufnahme von Asylbewerbern ablehnen. Die Kritik der Kanzlerin zielte aber auch direkt auf EU-Ratspräsident Donald Tusk.

Dieser hatte vor dem Gipfel die bisherige Politik der Umverteilung von Flüchtlingen in der EU infrage gestellt und damit heftigen Widerspruch auf sich gelenkt. Wie Merkel äußerten sich etliche Staats- und Regierungschefs kritisch über Tusks Einschätzung, dass die Umverteilungspolitik nicht konsensfähig und somit letztlich wirkungslos sei. "Ich bin über die Formulierung von Tusk wirklich unglücklich", sagte der geschäftsführende österreichische Kanzler Christian Kern. Wenn man sich innerhalb der EU nur an Beschlüsse halte, wenn sie für das jeweilige Land vorteilhaft seien, werde die Zusammenarbeit nicht funktionieren. Die EU-Kommission hat die osteuropäischen Staaten wegen ihrer Blockadepolitik beim Europäischen Gerichtshof verklagt. Der Streit behindert auch die geplante Reform des Asylrechts, die nach den Plänen der EU-Kommission im Juni 2018 beschlossen werden soll.

Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn versuchten kurz vor dem Gipfel, die Wogen mit einer Finanzzusage zu glätten: Sie versprachen rund 35 Millionen Euro für ein von Italien geleitetes Projekt zur Grenzsicherung in Zusammenarbeit mit Libyen, das Flüchtlinge aus Afrika auf dem Weg nach Europa aufhalten soll. "Wir tun das, weil wir an die Einigkeit der EU glauben", sagte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán.

(dpa)
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