S. Angenendt, A. Meier, D. Kipp Migration und Flucht trennen

Wanderungsbewegungen nehmen weltweit zu. Dabei vermischen sich Migration und Flucht. Vielen Staaten fällt die Unterscheidung zwischen Migranten und Flüchtlingen immer schwerer, was Flüchtlingsschutz und Migrationspolitik erschwert. Um irreguläre Wanderungen langfristig zu reduzieren, müssen die gemischten Wanderungen entflochten werden. Dazu sind vor allem mehr legale Wanderungsmöglichkeiten nötig. Das gilt auch für Deutschland. In der Migrationspolitik müssen die viel zu komplizierten und oft wirkungslosen Regeln für die Arbeitsmigration reformiert werden. Derzeit gibt es mehr als 50 verschiedene Zuwanderungsmöglichkeiten. Das ist nach innen und außen nicht vermittelbar. Entsprechend gering ist der Anteil angeworbener Arbeitskräfte.

Um den langfristigen Zuwanderungsbedarf zu decken, sind weitere Reformen nötig. Ein Punktesystem, über das sich Menschen, die hier gebraucht werden, für einen dauerhaften Aufenthalt bewerben könnten, würde sehr viel besser steuern. Im Flüchtlingsschutz müssen im Rahmen der EU-Politik mehr legale und sichere Zuwanderungswege und eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge in der EU sowie mehr Schutzmöglichkeiten außerhalb der EU geschaffen werden.

Dazu müssen die Erstaufnahmeländer noch stärker unterstützt werden. Partnerstaaten brauchen Hilfe beim Aufbau asyl- und migrationspolitischer Kapazitäten. Dabei birgt die Zusammenarbeit mit fragilen Staaten wie Libyen oder Sudan menschenrechtliche und sicherheitspolitische Risiken. Der erwünschte Rückgang irregulärer Migration darf nicht auf Kosten menschenrechtlicher Standards erfolgen. Ein Bundesministerium für Migration, Flucht und Integration könnte helfen. Gleichzeitig müssen die Kommunen eigenständiger und finanziell sowie organisatorisch besser ausgestattet, die Zivilgesellschaft und Unternehmen stärker eingebunden werden.

Steffen Angenendt (59), Amrei Meier (30), David Kipp (35), Forscher der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Sie berät unter anderem Bundestag und Bundesregierung.

(RP)
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