Analyse Militär gegen Schlepper in Libyen - machbar, aber riskant

Berlin · Die EU-Außenbeauftragte bemüht sich um ein robustes UN-Mandat, um die Schlepper zu bekämpfen. Wie sinnvoll ist diese Forderung?

Die zwei deutschen Marineschiffe im Mittelmeer setzen die Flüchtlingsrettung über die zunächst geplanten 30 Tage hinaus fort. Das teilte das Verteidigungsministerium mit. Zuletzt hatte die Fregatte "Hessen" drei Boote entdeckt und 294 Menschen gerettet. Doch obwohl andere Nationen ähnliches berichten, ist klar, dass damit die Katastrophe nicht beendet werden kann. Deshalb werden die Rufe nach einem robusten UN-Mandat lauter.

Was ist darunter zu verstehen?

Die Schleuser arbeiten organisiert. So wird über Fabriken an Libyens Küsten berichtet, die in Massenproduktion Schlauchboote herstellen. An Fallschirmen oder durch U-Boote abgesetzte militärische Kommandos könnten diese Einrichtungen zerstören. EU-Truppen könnten in Afrika Auffanglager für Flüchtlinge einrichten und bewachen.

Ist das rechtlich zulässig?

Es ist grundsätzlich völkerrechtswidrig, in ein fremdes Land einzudringen. Es bedarf deshalb eines UN-Mandats, was aber vorstellbar ist: Immerhin geht es um die Rettung Zehntausender. Libyens Regierung könnte auch die EU offiziell um Hilfe gegen die Schleuser bitten.

Ist das vorstellbar?

Es würde schwierig. Nach dem Sturz Gaddafis wird in Libyen gekämpft. Es gibt zwei Regierungen, dazu etliche Rebellengruppen. Im Zweifelsfall müsste mit allen verhandelt werden. Das macht auch die Gefährlichkeit einer Militäroperation deutlich: Diese Bürgerkriegsparteien sind schwer bewaffnet.

Dürfen Schlepperschiffe auf hoher See versenkt werden?

Wegen der Eigentumsrechte eigentlich nicht. Die Deutsche Marine tut es trotzdem - mit der Begründung, die leeren und unbeleuchteten Boote seien vor allem nachts eine Gefahr für die zivile Schifffahrt.

Wie steht die Bundesregierung zu einem robusten UN-Mandat? Offiziell gibt sie sich zurückhaltend. Ein Sprecher von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte, für die Bundeswehr stehe die Seenotrettung im Vordergrund. Darüber hinaus gebe es "keinerlei Planungen". Zuvor hatte jedoch schon Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) deutlich gemacht, dass er mit einem solchen Mandat rechne. Auch SPD-Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann sprach sich dafür aus.

Was meint die Opposition dazu?

Die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, sagte, mit dem Zerstören von Booten sei Schleusern nicht beizukommen. Das sorge nur dafür, "dass die Menschen in noch älteren, unsicheren Booten aufbrechen". Die Linken argumentieren ähnlich.

Könnte der erfolgreiche internationale Anti-Piraterie-Einsatz vor Somalia ein Modell sein? Dort war es den Soldaten zuletzt erlaubt, innerhalb eines schmalen Küstenstreifens an Land zu gehen und Boote der Seeräuber zu zerstören. Doch gibt es Hinweise darauf, dass letztlich Söldner die "Drecksarbeit" übernahmen, auch tiefer im Land die Strukturen der Piraten zu zerstören. Dieses illegale Vorgehen wird die EU nicht kopieren wollen.

(jd / may-)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort