Kristina Schröder Ministerin gegen Machos

Berlin · Familienministerin Kristina Schröder (CDU) beklagt eine gewaltverherrlichende Macho-Kultur muslimischer Jugendlicher. Die Wissenschaft gibt ihr teilweise recht.

Berlin Muslimische Jugendliche sind offenbar gewaltbereiter als ihre nicht-muslimischen Altersgenossen. Dies geht aus zwei Studien hervor, die Familienministerin Kristina Schröder (CDU) vorgestellt hat.

Den Satz "Wenn mich jemand provoziert, werde ich schnell gewalttätig" bejahten 35 Prozent der muslimischen Jugendlichen, während dies nur 19 Prozent der nicht-muslimischen Einheimischen von sich sagen. Als gewaltnah wurden insgesamt 24 Prozent der jungen Muslime, 16 Prozent der nicht-muslimischen Migranten und 15 Prozent der nicht-muslimischen Einheimischen eingestuft.

Ein Streit ist über die Auslegung der Studie entbrannt. "Es gibt einen Zusammenhang zwischen Religiosität, Macho-Normen und Gewaltgeneigtheit", sagte Schröder. Der Dortmunder Erziehungswissenschaftler Ahmet Toprak, der die Studie im Auftrag des Ministeriums erstellt hat, widersprach der Ministerin teilweise: Muslimische Jugendliche würden in der Regel nur dann anfällig für solche religiös bedingten Männlichkeitsbilder, wenn ihre soziale und wirtschaftliche Lage prekär sei.

Die Gründe für Gewalt bei muslimischen Jungen sind Toprak zufolge vielfältig. Sie würden in der Gesellschaft benachteiligt. Ihre Verständigungsmöglichkeiten seien häufig so eingeschränkt, dass sie andere Konfliktlösungsstrategien als Gewalt nicht entwickelt hätten. "Für diese Jugendlichen spielen Werte wie das ausgeprägte Männlichkeitsbild oder die bedingungslose Verteidigung weiblicher Familienmitglieder für die Familienehre eine zentrale Rolle."

Die Studie weist auch darauf hin, dass sich die Erziehungsideale deutscher Eltern und muslimischer Eltern stark unterscheiden. Für die muslimischen Mütter und Väter stehen demnach Respekt vor Autoritäten, Ehrenhaftigkeit, Zusammengehörigkeit sowie Lernen und Leistungsstreben im Mittelpunkt. Auf Individualität, Selbstverwirklichung und Selbstständigkeit, die deutsche Eltern für ihre Kinder häufig anstreben, legten die muslimischen Mütter und Väter selten Wert.

Scharfe Kritik an Familienministerin Schröder kam von der Opposition. SPD und Grüne kritisierten, sie habe die Studie falsch interpretiert. "Das, was Frau Schröder dort betreibt, ist Politik auf Basis von Mutmaßungen", kritisierte die stellvertretende Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Ekin Deligöz. "Die Studien sagen ganz klar: Die Ursachen von körperlicher und verbaler Gewalt liegen häufig in Perspektivlosigkeit und sozialen Benachteiligungen", sagte Caren Marks, jugendpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, unserer Zeitung.

Die Familienministerin verteidigte ihren Standpunkt. Soziale Benachteiligung und Diskriminierung seien wichtige Faktoren für die Ursache von Gewalt, reichten als alleinige Erklärung aber nicht aus. "Es gibt eine gewaltverherrlichende Machokultur bei einigen jungen Muslimen, die auch kulturelle Wurzeln hat." Die CDU-Politikerin beklagte auch: "Wenn jemand die überproportionale Gewaltbeteiligung muslimischer Jugendlicher zum Thema macht, heißt es immer gleich, dies ist ein Pauschalurteil."

(born)
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