Berlin. Mister "No Groko" und sein erster großer Kampf

Berlin. · Juso-Chef Kevin Kühnert ist binnen kurzer Zeit zum gefährlichsten Gegenspieler für Martin Schulz aufgestiegen.

Da steht er. Jeans, Turnschuhe, T-Shirt, die Arme in die Hüften gestützt, leichte Sturmfrisur. Links und rechts von Kevin Kühnert sind Scheinwerfer-Reflektoren aufgebaut, die den Juso-Chef ins richtige Licht tauchen sollen. Wieder einmal großer Medienauflauf für Mister "No Groko". Karrieren können in der Politik schnell gehen. Wenn Zeit und Umstände stimmen. Im Falle von Kühnert fügt sich beides günstig. Für die SPD ungünstig. Im vergangenen November erst zum neuen Vorsitzenden der Jungsozialisten gewählt, führt der Student aus Berlin längst die Bewegung gegen einen erneuten Einstieg in eine große Koalition mit an. Kühnert kämpft - für eine Erneuerung der SPD außerhalb der Regierung. SPD-Chef Martin Schulz kämpft - um grünes Licht des Sonderparteitages morgen in Bonn für den Einstieg in Koalitionsgespräche. Die Morsezeichen des Juso-Chefs an den SPD-Chef sind untrüglich: "No Groko" - bitte kommen!

Kühnert ist in diesen Wochen zum gefährlichsten Gegenspieler von SPD-Chef Schulz gewachsen. 28 Jahre jung, offensiv, angriffslustig, mit ungebremster Lust an der Kontroverse, er könnte, wenn er mit seiner "No-Groko-Kampagne" durchdringt, Schulz, 61 Jahre alt, als SPD-Chef stürzen. Wohlgemerkt: Das ist gar nicht Kühnerts Absicht. Er will vor allem verhindern, dass die SPD sich vor lauter "Hasenfüßigkeit" in eine nächste Groko flüchtet und dort "weiter verzwergt". Ob Schulz im Falle einer Niederlage SPD-Chef bleiben könne? Kühnert: "Ja, das kann er ausdrücklich bleiben." Doch sollten die Delegierten der eigenen Parteiführung tatsächlich den Einstieg in Koalitionsgespräche über eine nächste Groko versagen, wären Schulz' Tage als SPD-Chef unweigerlich gezählt. Kühnert sagt: "Ich bin stolz auf diese Partei." Dass ihm Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles, einst selbst angriffslustige Juso-Chefin, vorwirft, er, argumentiere bei seiner Kritik am Rentenkompromiss in den Sondierungen von Union und SPD "unsauber", sei wiederum von Nahles nicht ganz sauber. Kühnert: "Ich kann für mich und für uns ganz beruhigt festhalten, dass wir da mit uns im Reinen sind." Das Renten-Ergebnis sei nun mal "kein großer Wurf".

Kühnert ist unterwegs, er reist durch die Lande, er ist jetzt gefragter Gast in Polit-Talkshows. Rede beim SPD-Landesparteitag Sachsen-Anhalt, dann Besuch bei der SPD Braunschweig, Diskussion beim Ortsverband Berlin-Friedenau, am Donnerstagabend ein Auftritt im ZDF bei "Maybrit Illner", gestern Abend noch ein Termin in Bonn. Und stets die gleiche Botschaft: No Groko. Die SPD sei "kein Korrekturbetrieb" für falsche Politik.

Schon beim SPD-Parteitag im Dezember war er ans Mikrofon getreten: "Heute ist nicht der Tag der Stallorder. Heute ist der erste Tag der Erneuerung." Erneuerung in der Opposition. Ob er Druck von SPD-Vorderen bekommt, stillzuhalten? Kühnert verneint. Er will mit Martin Schulz reden - von Juso-Chef zu SPD-Chef. Wird schon werden mit der SPD. Irgendwie.

(hom)
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