Moskau Moskau verordnet Pflichturlaub auf der Krim

Moskau · Mit energischen Schritten bindet Moskau die besetzte Halbinsel an die Zentralmacht. Es wird ein russisches "Ministerium für die Belange der Krim" geben, der neue Minister wurde bereits ernannt.

Die pro-russischen Übergangsregierenden auf der Krim haben nach Wochen der Anarchie nun Probleme mit dem straffen Führungsstil ihrer neuen Herren: Im Eiltempo treibt der Kreml den politischen und administrativen Anschluss an Russland voran. Der Putin-Intimus und Vize-Premier Dmitri Kosak, zuständig für die Vorbereitung der Olympischen Winterspiele in Sotschi, soll den Aufbau der Halbinsel koordinieren. Außerdem richtet Moskau ein eigenes Krim-Ministerium ein.

Infolge der russischen Militärinvasion haben die meisten ukrainischen Badegäste ihren Urlaub auf der Krim für diesen Sommer abgesagt. Regierungschef Dmitri Medwedew hat deshalb versprochen, der Kreml werde Flüge von russischen Städten nach Simferopol subventionieren, damit mehr Russen auf der Krim Urlaub machen. Der Ticketpreis solle auf 8000 Rubel (160 Euro) gesenkt werden, "vielleicht sogar weniger", meinte Medwedew.

Die Beschäftigten russischer Behörden sind angehalten, einen "patriotischen Urlaub" auf der Krim zu verbringen. Die Abgeordneten der Kremlpartei "Geeintes Russland" wollen sich sogar dazu verpflichten, mindestens eine Woche dort zu buchen. Russlands Macht- und Geldelite bevorzugt zwar Florida, Zypern oder die französische Cote d'Azur. Doch damit könnte es angesichts der Visums-Sanktionen aus den USA und der EU für einige Spitzenbeamten bald vorbei sein.

Als Medwedew Anfang der Woche auf die Krim reiste, verwandelte er den Besuch praktisch in eine externe Kabinettssitzung. Denn er brachte fast die gesamte russische Regierung mit nach Simferopol. Nach den Ritualen der russischen Macht-elite wäre es angebracht gewesen, dass alle Vertreter der örtlichen Administration dem frisch ernannten Krim-Minister Oleg Saweljow, bislang Vize-Wirtschaftsminister, artig gratuliert hätten. Doch Aleksej Tschaly, vom Volk ernannter Übergangs-Bürgermeister der Hafenstadt Sewastopol, hielt sich nicht daran. "Die Situation hier ist postrevolutionär, die Menschen haben gute Laune, aber ewig können wir diesen Kredit nicht beanspruchen", begann Tschaly wuchtig seine Rede. Ein Reporter der Moskauer Zeitung "Kommersant" notierte irritiert, so habe "bei Regierungssitzungen in Moskau seit 1918 wohl niemand mehr" gesprochen.

An die russische Machtvertikale werden sich die Einwohner auf der Krim noch gewöhnen müssen. Oleg Saweljow verkündete, er werde sowohl ein Büro in Moskau als auch eines in Simferopol einrichten. Das bedeutet auch, dass die Organe der örtlichen Selbstverwaltung weitgehend entmachtet werden.

Medwedew kündigte an, man wolle auf der Krim eine Sonderwirtschaftszone einrichten. Investierende Unternehmen erhielten maßgebliche Steuernachlässe. Die Krim zählte bislang zu den ärmsten Regionen der Ukraine. Das liegt daran, dass das touristische Potenzial der Region zu wenig genutzt wurde. Die Strände sind mit Beton verbaut, die Pensionen und Hotels versprühen noch den Charme der Sowjetzeit.

Bereits zum 1. September, wenn in Russland das neue Schuljahr beginnt und die Universitäten ihren Betrieb wieder aufnehmen, soll das Ausbildungssystem der Krim auf russische Standards umgestellt werden. Die Abiturienten, die sich derzeit auf die Prüfung vorbereiten, dürfen noch das ukrainische Abi ablegen. Sie können aber parallel das umstrittene russische "Einheitliche staatliche Examen" absolvieren, damit eine Einschreibung an russischen Hochschulen möglich ist.

Die Nato hat unterdessen die militärische Kooperation mit Russland ausgesetzt, will den politischen Dialog mit Moskau aber fortsetzen. Das beschlossen die Nato-Außenminister gestern bei ihrem Treffen in Brüssel.

(RP)
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