Wir in NRW Naives Lob der Stahlfusion

Düsseldorf · Die Landesregierung stellt sich bei der geplanten Fusion von Thyssenkrupp Steel und Tata kritiklos hinter die Führungsspitze des Ruhrkonzerns. Dabei wäre angesichts des eklatanten Managerversagens in den Jahren zuvor harte Kritik angebracht.

Wir in NRW: Naives Lob der Stahlfusion
Foto: Andreas Krebs

Im beschaulichen Linz gibt es einen Stahlhersteller, der gute Gewinne macht. Er wurde von Managern geführt, die früh erkannten, dass die Zukunft des Stahls in maßgeschneiderten Produkten liegt, nicht in Massenware. Überkapazitäten aus China können diesem Unternehmen nicht viel anhaben. Heute ist Voestalpine einer der profitabelsten Stahlhersteller Europas.

Im nicht ganz so beschaulichen Duisburg gibt es Thyssenkrupp Steel. Der Traditionskonzern wurde geführt von größenwahnsinnigen Managern, die in Amerika Stahlwerke bauen wollten. Ihre Berechnungen entbehrten jeglicher Grundlage. Konkurrenten fragten sich von Anfang an verwundert, wie Thyssenkrupp mit diesem Amerika-Plan jemals Geld verdienen wollte.

Unter der Aufsicht von Gerhard Cromme, der ungeachtet dessen immer noch Chefaufseher von Siemens ist, wurde das Amerika-Abenteuer eine der größten Management-Fehlleistungen, die es in der deutschen Industriegeschichte je gegeben hat. Thyssenkrupp investierte zwölf Milliarden Euro — und stand wenig später am Rand des Ruins. Dem nachfolgenden Management unter Vorstandschef Heinrich Hiesinger gelang es bisher nicht, den Konzern fit für die Zukunft zu machen.

So kommt es, dass Thyssenkrupp Steel nun eine Fusion mit Tata Steel eingehen will, einem Stahlhersteller, der ausgerechnet zu den margenschwächsten in Europa zählt. Der Abbau von 2000 Arbeitsplätzen ist angekündigt, der Sitz des Unternehmens soll Amsterdam sein.

Indem Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) sich nun kritiklos hinter die Führungsspitze des Ruhrkonzerns stellen, legitimieren sie das eklatante Managerversagen in den Jahren zuvor. Eine lapidare Mahnung, der Erhalt der Arbeitsplätze müsse im Zentrum stehen, ist zu wenig. Zumal es vor allem die Beschäftigten sind, die nun die Folgen tragen. Auch dass künftig in den Niederlanden entschieden werden könnte, wo Jobs gestrichen werden, scheint die Landesregierung nicht weiter zu interessieren. Dabei müsste sie wissen, welch große Strukturprobleme daraus resultieren können.

Das Problemviertel Duisburg-Marxloh zum Beispiel war einst eine Gegend, in der viele Stahlarbeiter lebten. Als das Werk Rheinhausen geschlossen wurde, verwaiste Marxloh. Nicht einzelne Wohnungen standen leer, sondern ganze Häuser. Große, kaum integrierbare ausländische Familienclans konnten sich niederlassen. Bei der Bundestagswahl holte die AfD in Marxloh 30 Prozent der Stimmen.

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(kib)
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